Die Legende von Yva und Lilja

Die Legende von Yva und Lilja

Die Leidenschaft war verflogen. Kaltes Morgenlicht grub sich in Yvas Gesicht und ließ die Fältchen um ihre Augen noch tiefer aussehen. Nackt stand sie am Fenster, alles in ihr sehnte sich nach den Küssen ihrer Geliebten. Vor einem Mond, in einer eisigen Winternacht, war Lilja in Yvas Leben getreten. Mitten in der Nacht hatte es an der Tür geklopft und eine halb verhungerte Frau hatte um Unterkunft gebeten.

Flammendrote Haare und die blausten Augen der Welt, hatten Yva sofort fasziniert. Von der Fremden ging eine Aura aus, der Yva nicht widerstehen konnte. „Ich bin Lilja“, sagte die Frau und lächelte. Yva half ihr beim waschen. Schon die Berührung von Liljas weißer Haut löste wohlige Schauer in ihr aus. Alles in Yva sehnte sich danach die Fremde zu umarmen.

Es gab nur ein Bett in der Hütte, das sich die beiden Frauen teilten. Yva machte in dieser Nacht kein Auge zu. Lilja dagegen schlief eng an sie gekuschelt. Ein Schneesturm wütete am nächsten Tag. „Die Götter streiten sich“, wusste Yva. Sie war die Wehmutter des nahe gelegenen Wikingerdorfes. Ihr Gatte lag erschlagen in einem fremden Land. Die Stöße ihrer Liebhaber ließen Yva unbefriedigt.

Lilja, deren Jugend vielleicht zwanzig Sommer zählte, erwies sich als geschickte Helferin. Sie ging Yva klaglos zur Hand, aber beantwortete keine Fragen. „Ich komme von weit her“, wich sie aus. „Man könnte sagen, dass ich aus einem grünen Tal vertrieben worden bin.“ In der fünften Nacht versank Yva im Duft von Liljas Körper. Die Frauen liebten sich bis zum Morgen. Dann klopfte es hart an der Tür.

Magnus, der Dorfälteste, rief Yva um Hilfe, seine Enkelin erwartete ihr zweites Kind. „Ich kann helfen“, sagte Lilja und schlüpfte in ihr Kleid. Gemeinsam brachten sie einen kräftigen Jungen zur Welt. Bei dem folgenden Fest spreizten gierige Männerhände die Schenkel der anwesenden Frauen. Nur Yva und Lilja wiesen jeden ab.

Ove, der stärkste Krieger des Dorfes, wollte sich mit Gewalt nehmen, was Lilja ihm verweigerte. Als er sie am Arm packte zog sie ein Messer und schnitt ihm einen Finger ab. Die Männer hatten Mühe den tobenden Krieger zu beruhigen. „Niemand fasst mich an!“, sagte Lilja. Ihre Stimme schnitt wie kalter Stahl durch die Stille. „Bring sie weg, Yva“, befahl Magnus. „Ich regele das.“

Drei Wochen später standen Ove und seine Brüder betrunken und mit gezogenen Schwertern vor Yvas Hütte. „Komm raus du Hexe!“, rief der Krieger. „Komm raus und bring die Schlampe mit!“ Liljas Lächeln war so süß wie Sirup, als sie mit einer kurzen Axt bewaffnet ins Freie trat. Yvas Angst vermischte sich mit Bewunderung, als ihre Geliebte einen nach dem anderen zu Boden schlug. „Sie schlafen nur“, sagte sie zu Magnus, der mit einem halben Dutzend Männer viel zu spät erschien. „Beim nächsten Mal werde ich keine Nachsicht üben.“ 

Yva konnte nicht glauben was sie gesehen hatte. Kein Mensch hatte sich jemals so schnell bewegt. Die Wehfrau hatte an zwei Fahrten teilgenommen. Damals, als sie frisch vermählt war. Sie hatte die Männer kämpfen sehen, aber keiner war auch nur annähernd so schnell wie Lilja gewesen. „Wo hast du so zu kämpfen gelernt?“, wollte sie wissen.

Wie immer, blieb Lilja ihr die Antwort schuldig. Ihre Küsse vertrieben Yvas Angst. Am nächsten Morgen war sie fort. Die Leidenschaft war verflogen. Kaltes Morgenlicht grub sich in Yvas Gesicht und ließ die Fältchen um ihre Augen noch tiefer aussehen. Nackt stand sie am Fenster, alles in ihr sehnte sich nach den Küssen ihrer Geliebten.

Ein kurzer Sommer, den Yva mit einem ungeliebten Mann verbrachte, ließ ihren Bauch anschwellen. Zumindest ihre Lust hatte der Wikinger gestillt. Zärtlich behütete Yva das neue Leben. Hochschwanger und bereits in den Wehen, wurde sie in der Nacht von Ove überfallen. Tödlich getroffen brach der Angreifer zusammen, als er sein Schwert gegen Yva hob. Hinter ihm, in fremder Rüstung, stand eine rothaarige Kriegerin. Lilja!

„Wer … wer bist du?“, stammelte Yva und brachte mit Liljas Hilfe ein kleines Mädchen zur Welt. Linnea wurde zum Glück der beiden Frauen. Niemand wagte es jemals wieder in die Hütte einzubrechen. „Du weißt wer ich bin“, flüsterte Lilja jede Nacht in Yvas Ohr. „Du kennst mich seit dem Anbeginn aller Tage.“ Yva lächelte und gab ihr einen Kuss.

 

Die Wölfin

Die Wölfin

Kalter Stahl bohrte sich in Svens Brust und zerfetzte seine Lunge. Der junge Wikinger wollte schreien, aber der wütende Schmerz raubte ihm den Atem. Sein Gegner holte zum entscheidenden Schlag aus, dann fiel er selbst tot zu Boden. Svens brechende Augen nahmen einen Schatten wahr, der aus dem Nichts erschienen vor ihm stand. „Ylva!“, hauchte er, dann senkte sich der Nebel des Vergessens über ihn.

Svens Bruder Eric eilte herbei und schlug sich eine Schneise durch die schier endlosen Reihen der Gegner. Die Wikinger waren umzingelt, sie hatten keine Chance gegen die erdrückende Übermacht. Die Hälfte war schon gefallen oder lag verwundet am Boden. Erics Magen verkrampfte sich, als er die weiße Kriegerin sah. Vor ihm stand seine tote Schwester!

Ylvas Augen waren so blau wie der junge Morgen. Ein leises Lächeln lag auf ihren Lippen. „Brüderchen“, neckte sie den Älteren, „wie schön dich wiederzusehen.“ Eric fragte nicht. Er rief seine Männer, die sich schützend um Thore stellten. „Bei Odin!“, rief Eric, als der Verwundete die Augen öffnete, „du lebst noch!“

Eric, Sven und Ylva waren Geschwister. Ihr Vater bildete sie gemeinsam aus und nahm sie mit auf große Fahrt. Eric war der Stärkere, Sven war dafür doppelt so flink. Aber Ylvas Schwertkunst war niemand gewachsen, auch ihre Brüder nicht. Mit wenig Kraft aber tödlicher Eleganz erschlug sie alle Gegner. So auch an diesem Tag.

Die Männer bildeten einen Kreis und hoben die Schilde, als die Gegner kamen. Ylvas Bewegungen waren so schnell, dass keiner ihre Schläge kommen sah. Als immer mehr der Angreifer zu Boden gingen, wichen die anderen zurück. „Bogenschützen!“, ertönte ein Kommando, das Schicksal der Wikinger besiegelte sich. Dann kamen die Wölfe.

Eric hatte schon an einigen Schlachten teilgenommen, aber diese war die blutigste. Ein ganzes Rudel Wölfe fiel über die schreienden Angreifer her und zerfleischte sie. Nur die Wikinger blieben verschont. Eric fielen zwei Wölfe auf, die etwas größer und wilder als die anderen waren. Ein erster Verdacht schlich sich in seine Gedanken. Was ging hier wirklich vor?

Die Stille des Todes lag über dem Schlachtfeld. Ylvas Hand lag auf Svens Brust und Eric glaubte ein feines Leuchten zu sehen. „Es wird alles gut!“, flüsterte Ylva, als plötzlich Hörner erklangen. Die schon geschlagene Truppe der Gegner hatte massive Verstärkung bekommen. Eric holte tief Luft. Er wusste, das konnte nur das Ende sein.

„Zu mir!“, rief Ylva und die Wölfe gehorchten. Zwei Dutzend scharten sich um sie, zu allem bereit. Eric sah sich um. Tausend wenn nicht mehr Gegner hatten sie umringt. Er sah Reiter auf Pferden und eine ganze Abteilung Lanzenträger. Trotzdem hatte er keine Angst. Ein Platz in Valhalla war ihm sicher. Sanft fiel der erste Schnee.

Als die Gegner langsam vorrückten, hob Ylva beide Hände zum Himmel. Eric würde die verstörten Blicke der Sterbenden nie vergessen, als gewaltige Blitze die ganze Armee vernichteten. Der Geruch von verbranntem Fleisch raubte ihm den Atem, einige Wikinger übergaben sich. „Kehrt nach Hause zurück“, hörte Eric die Stimme seiner Schwester. „Heute haben euch die Götter selbst beschützt.“

„Bist du wirklich die kleine Ylva?“, fragte Eric und griff nach der kalten Hand seiner Schwester. „Ylva war ich früher“, sagte sie. „Ich erinnere mich an euch.“ „Aber du bist doch gestorben!“, sagte Sven und erhob sich mühsam. „Ertrunken im Meer!“ Er tastete nach seiner Wunde. „Kein Blut mehr, aber wie …?“ Ylvas Lächeln breitete sich wärmend in den Herzen der Wikinger aus. „Geht nun“, sagte sie und ihre Stimme verklang im Wind. „Geht, aber vergesst mich nicht.“ 

Sven und Eric sahen die Gestalt der Kriegerin, die einst ihre Schwester gewesen war, noch lange am Ufer stehen. Die Wölfe waren verschwunden. Wind blähte das Segel des Schiffs. Am Himmel erschienen seltsame Wolken, die an zwei Wölfe erinnerte. „Geri und Freki!“, rief Eric, „wieso ist mir das nicht früher aufgefallen!“ „Odins Wölfe?“, wollte Sven wissen. „Dann ist das nicht unsere Schwester?“ 

Eric legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter. „Zumindest ihre Erinnerung. Wir sollten Thor und Odin dankbar sein. Sie haben uns heute gerettet. Lass uns nach Hause fahren.“ Ylva stand noch lange am Ufer, der Schnee hatte die Toten zugedeckt. Als das Schiff am Horizont verschwand, löste sich ihre Gestalt mit einem leisen Lachen auf. In der Ferne heulten Wölfe.

Abschied von Gestern – Aufbruch ins Morgen

Am Ende eines Jahres haben Menschen die Angewohnheit rührselig zu werden. Immerhin steht das Fest der Liebe vor der Tür. Mir als Buddhistin fällt der kommerzielle Rummel von Weihnachten besonders auf. Sich ihm völlig zu entziehen, ist selbst mir unmöglich. Ich mag Weihnachten. Auch, wenn es für mich eine andere Bedeutung hat.

Soll ich nun einen weiteren Jahresrückblick schreiben, gar seufzen über ein vergangenes Jahr? Oder doch besser in die Zukunft schauen. Ins Morgen, in einen neuen Tag. Aber Zukunft baut nun mal auf vergangenen Dingen auf. Ohne sie gäbe es uns alle nicht.

Menschen streben nach Wissen, nach neuen Dingen. Nur die Methoden haben sich geändert. Wobei ich mir da manchmal nicht so sicher bin, wenn ich aktuelle Bilder schaue. Krieg, als Basis für Veränderungen? Hat das jemals wirklich funktioniert?

Nehmen wir Europa, die (alten) Sachsen, die Wikinger, die Goten. Der Hunger dieser Völker war gewaltig und sie haben auf ihre Weise Wissen angehäuft. Primär ging es um Schätze, Reichtum, Macht. Um neue Ländereien, die sie in Frankreich und England fanden.

Der Traum dieser Menschen hat sich erfüllt. Über die Methoden kann man geteilter Meinung sein. Aber wir können und dürfen die Moral von heute niemals mit der von damals vergleichen. Schon Kinder sind früher mit Gewalt und Sex aufgewachsen. Das Schlachten eines Tieres, war für sie normal. Und ein Menschenleben galt wenig.

Auch ich strebe nach Wissen, auch ich lerne gern Dinge dazu. Gut, ich töte keine Menschen. Das machen die Killer in meinen Geschichten. Wie die alten Völker, habe auch ich Pläne im Leben und setze Segel nach Westen, um das Land hinter dem Horizont zu sehen. Symbolisch meist, aber dieses Mal konkret.

Aktuell führt mein Weg in die USA. Wir sind schon weg, Wenn diese Zeilen sich in eure Pupillen brennen. Weg heißt, wir machen Urlaub bis zum nächsten Jahr. Die Stadt der Engel hat gerufen. Und ein Onkel, den ich dort besuche. Der Onkel ist ein Geschäftsfreund meines Vaters und ich kenne ihn schon seit vielen Jahren.

Los Angeles ist für uns mehr als nur eine Reise. Die Frage stellt sich, ob wir dort vielleicht auf Dauer leben wollen. Die Sprache ist kein Problem. „Ei schpiek Inglisch fluäntlie, gell?“ Auf jeden Fall wird es Veränderungen in unserem Leben geben. Ein Abschied von Gestern, ein Aufbruch ins Morgen. Ich werde berichten. Oder auch nicht.

Moderiert wird dieser Blog erst im Januar 2016 wieder. Erst dann werde ich Kommentare freischalten und antworten können. Bloggen im Urlaub? No way! Das wars für heute und für morgen. Bis bald ihr da draußen und auf Wiedersehen. „FROHE WEIHNACHTEN“, von Yuki  und  mir.