Wenn Elfen seitwärts springen

Ein Abend bei Freundinnen endet. Gut gelaunt fahren wir nach Hause. Es galt Neuigkeiten auszutauschen und über alles mögliche zu reden. Auch wer mit wer gerade ein Verhältnis hat. Selbst Frauen gehem manchmal fremd.

„Was würdet du machen, wenn ich dich betrüge?“, frage ich Yuki unvermittelt. Sofort kommt die Frage „Hast du?“ von ihr. Als ich frech nicke haut sie mir spielerisch aufs Bein. „Du bist doof!“, sagt sie und lacht. Ja“, erwidere ich. „Aber könntest du trotzdem bitte meine Frage beantworten?“

„Ich kratze dir natürlich die Augen aus“, sagt Yuki. „Dann fliegst du aus der Wohnung und Unterhalt will ich auch. Und den Z! Du kannst den SUV behalten.“ Ich verdrehe die Augen und hauche einen Kuss auf ihren Mund. Was Yuki damit sagen will ist, dass sie einen Seitensprung auf keinen Fall verzeiht.

Schon als wir uns ganz kurz kannten, haben wir die Weichen dafür gestellt. VerehrerInnen gab es auf beiden Seiten genug. Wir haben niemals zugegriffen. Wir haben aber auch entschieden uns im Fall von Liebesmangel zu trennen. Ehrlich und ohne Seitensprung.

Wir sind schon oft gefragt worden, wieso wir so glücklich sind, ob es keine Langeweile gibt und warum wir uns auch nach Jahren noch lieben. Und was passieren würde, wenn eine Traumfrau uns über die Füßchen läuft.

Die Antworten sind einfach. Wir arbeiten an uns. Wir sind aufmerksam und respektieren einander. Keine dominiert. Das mag schwer zu glauben sein, aber Yuki kann durchaus ihre Frau im Leben stehen und ihre Meinung gut vertreten. Auch gegenüber meiner Biestigkeit.

„Habt ihr eigentlich noch oft Sex?“, wollte eine Freundin wissen. „Bei uns ist der irgendwie eingeschlafen“, fährt sie fort. „Aber ich liebe meine Frau immer noch.“ Bevor ich etwas sagen kann, hat Yuki die Antwort übernommen. „Dreimal täglich“, sagt sie und nickt. „Mindestens! Wir sind doch naturgeile Luder.“

Diese Worte von einem Wesen wie Yuki zu hören, löst heftigste Emotionen bei mir aus. Ich beherrsche mich ungefähr fünf Sekunden, dann pruste ich los. Eine beleidigte Miene, dann lacht das andere Mädel mit. Und wer nun auf die intimen Geständnisse aus Elfenhausen hofft, der soll sich besser trollen.

„Und du?“, reißt Yukis Frage mich aus meinen Gedanken. „Was würdest du mit mir machen, wenn ich dich betrüge?“ „Dich im Keller vergraben“, erwidere ich trocken. „Also was noch von dir übrig ist. Und deine Loverin gleich mit. Vorher haue ich euch natürlich mit den Schwert in klitzekleine Stücke.“

Yukis Elfenlachen lässt mich ebenfalls grinsen. „Du bist unmöglich!“, sagt sie. „Aber deshalb liebe ich dich.“ Sie schaut mich an. „Und jetzt gib Gas, ich will mit dir springen gehen.“ Unter die Dusche natürlich, was habt ihr denn nun gedacht?

Wer mit dem Feuer spielt

„Lass uns Freunde bleiben“, sagen vor allem Frauen oft bei Trennungen. Es ist müßig darüber zu diskutieren, ob das nur eine Floskel ist. In vielen Fällen funktioniert das einfach nicht. Die Gefühle sind einfach noch zu frisch. Trauer, Wut, Hoffnung, verletzte Eitelkeit, Hass. Wir alle können auf ehemalige Partner blicken. Ich habe mit keiner Ex heute noch Kontakt. Nicht etwa aus Angst. Aber worüber sollte ich mit ihr sprechen? Schöne Erinnerungen teilen, verflossene Stunden? Wozu? Es gab immer einen Grund für die Trennung. Und daran hat sich nichts geändert. Vielleicht war es lediglich eine Affäre. Ohne Tiefe, ohne Bedeutung. Es passte in eben jenem Moment, jenen Stunden. Mehr war da nicht.

Ich kann schon den Aufschrei hören, die Widersprüche, die Gegenargumente. Fein. Aber es sind nicht meine Argumente. Ich empfinde anders. Und „Sex mit der Ex?“ Schon überhaupt nicht. Als Teenager und in meinen frühen Zwanzigern, hatte ich einige Beziehungen. Locker meist. Nicht alle meine Freundinnen waren reine Lesben und ich kein Kind von Traurigkeit.
Natürlich können manche Frauen Sex und Liebe trennen. Sie sind da nicht viel anders, als Männer. Ich kenne so einige Lesben, die kreuz und quer Spaß haben und auch vor Beziehungen nicht halt machen. Auch Yuki und ich sind Ziel dieser Begierde, die Mädels blitzen aber immer ab. Und ich kann da durchaus drastisch werden. So schön kann keine Schwester sein, dass ich dafür meine Ehe riskiere.

Nun sagen Wissenschaftler der Universität von Arizona, dass Sex mit der / dem Ex hälfe, die Trennung besser zu verarbeiten. Befragt wurden 137 frisch getrennte, aber noch verheiratete Paare. Für mich wenig erstaunlich ging es den Menschen am besten, die die Trennung vollkommen akzeptierten. Überraschend für mich stellten die Forscher fest, dass wer noch Sex mit dem Ex-Partner habe glücklicher als jene Menschen sei, die eine Freundschaft aufrecht hielten. Aber wie bei allen Studien, die ich nicht gefälscht habe, können das nur Einzelfälle sein. Laut der Studie liege ich also nicht völlig daneben. Und meine Frau denkt ebenso.

Ich habe mich bei Trennungen bisher nie schlecht, oder schuldig gefühlt. Das lag aber auch an der Art und Weise. Streit, Hass? Nein. Es war vorbei, wenn es vorbei war. Wann das der Fall war, habe immer ich entschieden. Das Bedürfnis in Kontakt zu bleiben empfand ich nicht. Auch, wenn es sich dabei lediglich um mein Leben, meine Lösung handelt, ist die nicht verkehrt. Wer mit dem Feuer spielt, kommt leicht darin um. Vor allem mit dem Feuer von Gefühlen. Die Leidenschaft, die Begierde entfacht vielleicht Flammen, die außer Kontrolle geraten. Und schöne Erinnerungen sollte genau das bleiben.

Wir haben uns sogar darüber unterhalten, wie wir bei einer Trennung reagieren würden. Und zugegeben war das ein sehr emotionales und schwieriges Thema. Auch, wenn ich normal sehr (selbst)sicher bin, eine Trennung von Yuki würde ich vermutlich nur schwer verkraften. Gut, das stand und steht nicht zur Debatte. Wir werden auch in 50 Jahren noch zusammen sein. Aber nur, wenn ich endlich kochen lerne, sagt Yuki und lacht. Ihre Meinung zu einer Trennung ist weniger spaßig. „Das wäre mein Tod“, hat sie gesagt. „Vielleicht sterbe ich nicht sofort, aber jeden Tag ein bisschen mehr.“ Daher wird das einzige Feuer mit dem ich jemals spiele, das des Gasbackofens sein.

Liebe ist, wenn Treue Spaß macht

Wie haben uns gestern Abend mit Freunden getroffen. Ein gemeinsames Abendessen. Das Essen ist dabei keine Nebensache sondern ebenso wichtig, wie der rege Gedankenaustausch. Es gab Rindfleisch mit Spätzle, Pfifferlingen und Zuchini. Zehn Mädels, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Ein Paar ist recht neu in diesem Freundeskreis. Ich nenne sie Gabi und Ilka. Gabi ist bisexuell und einem Abenteuer nie abgeneigt. Im Verlauf des Abends verkündete sie dann auch stolz ihre Lebenseinstellung: Die offene Beziehung. Das sei genau das Richtige für sie und Ilka, so käme keine Langeweile auf. Und Eifersucht gäbe es keine.

Wir kennen Ilka schon eine ganze Weile. Sie hatte nie viel Glück in Partnerschaften. Ilka ist eine zurückhaltende, sehr zerbrechlich wirkende Frau. Ihr Selbstbewusstsein reicht nicht weiter, als bis zum Tellerrand. Was ich schade finde! Sie ist eine sehr intelligente und schöne Frau. Juristin. Wer Hilfe braucht, für den ist sie da. Unentgeltlich, selbstlos. Und genau das ist ihr Problem. Sie hat zu Boden geschaut, während ihre dominante Freundin sprach. Glücklich war sie nicht. Aber Gabi hörte nicht auf. Im Gegenteil fing sie nun an von einem Abenteuer zu berichten, dass sie auch noch mit Mann hatte. Leicht angetrunken erzählte sie vom Besuch eines Swinger Clubs.

Ilka begann leise zu weinen. Schon vorher hatten ihr die Tränen in den Augen gestanden. Der Abend schien gelaufen, die Anwesenden hielten alle peinlich berührt den Atem an. Kalter Zorn stieg in mir auf. Yuki legte ihre Hand auf meinen Arm. Nicht, flüsterte sie mir zu. Sie ist es nicht wert. Wenn es einen Menschen gibt, der mich innerhalb einer Sekunde beruhigen kann, dannn ist es Yuki. Also zeigte ich lediglich mein berühmtes Lächeln und sah mich um. In den Gesichtern meiner Freundinnen war von offener Ablehnung bis Zorn alles zu lesen. Gabi lächelte dümmlich. Sie bemerkte die gegen sie umgeschlagene Stimmung nicht. Yuki, meine Heldin, rettete die Situation. Warum sie überhaupt eine Beziehung habe, fragte sie Gabi.  Wer nicht treu sein könnte, sollte keine Beziehung haben. Offene Beziehungen seien keine Liebe! Nur eine Ausrede für gelebte Untreue.

Gabi wollte das so nicht stehen lassen und fing an sich vehement zu verteidigen. Und mehr war es nicht. Lahme, an den Haaren herbeigezogene Argumente. Ausreden. Als sie die gegen sie umgeschlagene Stimmung endlich bemerkte, begann sie ausfällig zu werden und uns zu beschimpfen. Wie seien Spießerinnen und ( …) Ich erspare meinen Leserinnen die gebrauchten Schimpfworte, aber besonders damenhaft waren sie nicht. Yuki stand auf und ging langsam auf Gabi zu. Ich beobachtete die Szene schmunzelnd. Yuki wütend ist ein herrlicher Anblick! Ihre folgende Worte ließen mir einen Schauer über den Rücken laufen: Liebe ist, wenn Treue Spaß macht!

Yukis Worte trafen Gabi wie Ohrfeigen. Und genau die hatte sie auch verdient. Toleranz hin oder her, sexuelle Freizügigkeit oder nicht, es gibt Dinge da bin ich, sind wir sehr konservativ. Und das gilt eigentlich für fast alle unsere Freunde! Wir haben Werte, wir glauben daran! Liebe, Treue sind für uns nicht nur leere Worte. Wir leben das.

Gabi griff nach dem Wein, aber Yuki nahm ihr die Flasche ab. Ich glaube du hast genug gehabt, sagte sie. Mein Schmunzeln war nun ein offenes Lachen. Der Rest der Anwesenden hielt die Luft an. In Gabis Gesicht arbeitete es. Ihre Augen blickten unstet, sie suchte ganz offensichtlich nach einem Ausweg. Dann nickte sie und stand auf. Für einen Moment dachte ich, sie wolle handgreiflich werden. Gut bekommen wäre ihr das nicht. Yuki mag Hemmungen haben, aber schlagen lässt sie sich nicht. Mit unsicherem Schritt ging Gabi zur Tür, warf uns dabei noch einige Nettigkeiten an den Kopf und verschwand in der Nacht. Ich ging zu Yuki und nahm sie in den Arm, total stolz auf meine Süße. Wir haben uns dann alle noch um Ilka gekümmert, die sich erst nach und nach beruhigte. Die Nacht hat sie bei den Gastgeberinnen verbracht.

Das Erlebnis und das unschöne Ende des Abends hat uns alle nachdenklich gemacht. Sind traditionelle Werte wie Liebe und Treue heute wirklich nichts mehr wert? Ist es lediglich die Emanzipation von Frau, wenn sie sogar in einen Swinger Club geht? Ich meine Nein! Gabi ist das negative Beispiel eines außer Kontrolle geratenen Menschens, mit außer Kontrolle geratener Sexualität. Ich sollte sie nicht verurteilen, ohne alle Hintergründe zu kennen. Aber ich mache es! Liebe ist, wenn Treue Spaß macht. Gabi liebt nicht. Vielleicht sich selbst und das ohne Rücksicht auf andere Menschen. Ich dagegen glaube an die Familie. Und ich lebe dafür, für meine Yuki. Und es macht mir Spaß sie täglich mehr zu lieben.