Das ist Taekwondo!

Eigentlich bin ich eine treue Seele. Aber eigentlich ist so ein komisches Wort. Daher gehe ich heute ganz offen fremd und fahre einen Schmusekurs mit (Süd)Korea. Der Hintergrund ist der, dass ich wieder Taekwondo (TKD) trainiert habe. Ich wechsle gern die Stile, demnächst ist es Tai Chi. Mein Vater will mich bereits scherzhaft enterben, wenn ich wirklich den Schwarzen Gürtel im TKD mache. Aber das ist japanischer Humor, den nur wenige verstehen.

Warum TKD? Instinktiv hatte ich als junges Mädchen im Karate meine Beine auf eine Weise benutzt, die mein Vater mir nie zeigte. Als er mich fragte was das sei, habe ich nur die Schultern gezuckt und sofort zugestimmt, als er mich ins Taekwondo Training mitgenommen hat.

Und damit ist das Geheimnis gelüftet, ob mein Vater andere Kampfkünste kennt. Er kannte den dortigen Meister, der mich nun 2 x pro Woche unter seine Fittiche nahm. Der Sensei war völlig verblüfft, als ich in Rekordzeit lernte, wofür andere Jahre brauchen.

Hohe Kicks und akrobatische Sprünge lagen damals bei mir im Trend. Mein Vater war klug genug um zu erkennen, dass mein Karate dadurch besser werden wird. Er hatte recht und ich bin ihm dankbar dafür.

Später hat er geschmunzelt, als ich ihm die Tritte zeigte und mich mit einem Fußfeger von den Beinen geholt. Ich habe schnell begriffen, wo und wann ich hoch kicken kann. Bei Kickbox-Turnieren hat mich das zur Siegerin gemacht. Und das obwohl ich oft genug die Kleinste war. Niemand sprang höher als ich.

Gibt es große Unterschiede zu Karate? Die Techniken beider Stile sind fast gleich. Im TKD kickt man nur häufiger. Die Frage was besser ist vergleicht wieder Äpfel mit Birnen und übersieht, dass es auch im TKD klassisch und sportlich zugeht. Im Endeffekt ist TKD lediglich leicht abgewandeltes Shotokan-Karate, das mit Elementen von Kung Fu und dem Taekyon, einer klassischen koreanischen (Tanz)Kampfsportart, vermischt worden ist.

Taekwondo hieß zunächst Dangsudo (Tangsoodo), „Weg der (Dang-)China-Hand“, oder Gongsudo (Kongsoodo), „Weg der leeren Hand“. In beiden Fällen handelt es sich um die koreanische Aussprache dessen, was auf japanisch Karate gelesen wird. Salopp ausgedrückt ist Taekwondo also koreanisches Karate.

Im TKD gibt es wie im Karate die gleiche Diskussion um klassisch und modern. Wobei sich diese fälschlicherweise zu sehr auf die Sportvariante bezieht und das moderne Wettkampf-TKD kritisiert, das aber wirklich anders geworden ist.

Oft wird die Frage gestellt ob Karate besser als Taekwondo ist, bzw. umgekehrt. Für beide Systeme gilt, dass der jeweils besser trainierte Wettkämpfer gewinnt.

Das folgende Video zeigt neben Techniken auch viele Showeffekte, die das Publikum begeistern sollen. Aber niemand kämpft so auf der Straße. Taekwondo ist viel mehr als das. Und falls nun die Frage kommt ob ich diese Stunts ebenfalls kann, so muss ich das klar verneinen. Auf reine Show zu machen war noch nie mein Ding.

Karate heute – Zurück zu den Wurzeln

Vor mehr als einem Jahr, habe ich den Beitrag „Das ist Karate!“ verfasst. Dort habe ich auf die Unterschiede zwischen der Kampfkunst und dem daraus entstandenen Sport hingewiesen.

Aber noch immer herrscht großes Unverständnis darüber, was Karate wirklich ist. Kickboxer und muskelbepackte Mixed Martial Arts (MMA) Fighter rühmen sich, die besten auf der Welt zu sein.

Aussagen wie diese zeigen nur wieder, dass man(n) wie so oft nichts versteht. MMA ist ein Sport, bei dem es feste Regeln gibt. Traditionelles (Okinawa) Karate dient nur der Selbstverteidigung.

Wieder sind es die beiden Sensei aus dem damaligen Video, die „Karate für die Straße“ zeigen. Und das wie ich finde richtig gut! Vermutlich werden nun einige LeserInnen verblüfft die Köpfe schütteln und sagen „Das habe ich schon anderswo gesehen!“

Ja, das haben sie wirklich, andere Kampfsportarten haben sich nämlich kräftig beim Original bedient. Auch und ganz besonders, das angeblich so tolle MMA, das lediglich die niederen Instinkte der Massen anspricht.

Aber bis auf das damals noch unbekannte Boxen, hat man so schon vor Jahrhunderten auf Okinawa trainiert. Mit allerdings erheblichen Konsequenzen für Angreifer, wenn es den Ernstfall gab.

Immer mehr Sensei besinnen sich auf die Wurzeln des Karate und wollen diese entweder selbst lernen, oder an ihre Schüler weitergeben. Vielleicht hat dieses neue Interesse an (m)einer Kunst etwas mit den Olympischen Spielen in Japan zu tun und bietet die einmalige Chance, den Wettkampfsport Taekwon-Do abzulösen.

 

 

Ich bin dann mal (auf dem) Weg

„Eine Reise von tausend Meilen beginnt unter deinem Fuß.“

Mayumi schreibt: Nach der Reise ist vor der Reise heißt es. Und auf genau diese Reise werde ich nun gehen. Japan, Heimat, ich bin auf dem Weg zu dir! Ich freue mich auf meine JapanerInnen und (m)eine Kultur, die so verschieden von Deutschland ist. In Japan werde ich wieder völlig zur Japanerin.

Noch am Flughafen werde ich mich in (m)einen Kimono zwängen, den Schwarzen Karate Gürtel anlegen und ein Ninja Cape. Bewaffnet mit Katana und meinem unwiderstehlichen Lächeln, verbeuge ich mich mehr schlecht als recht. Und statt rechts zu überholen fährt man in Japan links.

Natürlich werden ich mich durch die Lotterbetten lieben. Sex mit Japanerinnen steht hoch im Kurs! Und ich werde die Yakuza besuchen. Schutzgeld von den Massen, die können es nicht lassen.

Um strahlend schön zu bleiben, wird die Reise auch nach Fukushima gehen. Ein Aufenthalt im Kernreaktor frischt kalte Zellkerne wieder auf! Kurze Pause, harter Schnitt. Der Spaß hat ein Ende. Kommt wer auf die echte Reise mit?

Yuki schreibt: Mayumis Cousin Ken, wird uns seinen SUV leihen. Damit können wir durch Japan reisen. Ja, wir werden viel unterwegs sein. Ein Kurztrip nach Korea, ein Flug nach Shanghai oder Hongkong. Meine Süße berichtet dann.

Wie vor jeder Reise bin ich total aufgeregt! Ich kann nicht anders, alles muss genau geplant sein. Sind wir geimpft, haben wir genug Geld? Mayumi lacht sich kaputt, wenn ich zum Nervenbündel werde und flitzeschnell durch die Wohnung jage. Frech ist sie! Aber so liebe ich sie. Ich liebe auch Japan, das ich immer wieder gern neu entdecke.

Mayumi schreibt: Wege entstehen, wenn Frau sie geht. Wohin genau der Weg uns führt, wird vorerst nicht verraten. Auch wenn Elfchen schon so manches angedeutet hat. Pläne können sich ändern, das habe ich schon immer gewusst.

Fukuoka, die Familie wartet schon. Alle sind gespannt auf Neuigkeiten. Wie ist das Leben in Deutschland, wann werden wir Kinder bei euch sehen? Mit wieder gültigem japanischen Pass können Yuki und ich problemlos in Japan bleiben. Und zur Zeit habe wir große Lust auf diese Idee. Vier Monate Japan, drei Monate USA, die Welt liegt uns zu Füßen.

Ich kann aktuell in Deutschland kein Zeichen setzen. In meinem Freundeskreis ist alles befriedet und Karate kann ich problemlos in Japan machen. Auch als Sensei, um Jugendliche auf die nächsten Olympischen Spiele mit (Sport)Karate vorzubereiten. Na, seid ihr überrascht?

Yuki schreibt: „Solange Vater und Mutter leben, sollst du nicht in die Ferne reisen.“

Nicht nur aus diesem Grund kommen unsere Eltern mit. Auch sie vermissen Japan und freuen sich auf die Familie. Und meine Mutter ist mindestens so nervös wie ich. Aber in Japan trennen sich unsere Wege wieder. Jeder geht seinen eigenen Weg.

Ich mag die Idee länger in Japan zu bleiben. Für immer? Das werden wir dann sehen. Es käme unseren Plänen sehr entgegen. Nur die Homophobie hielt uns bisher davon ab. Aber Japan öffnet sich langsam und das finde ich so richtig gut.

Yuki und Mayumi schreiben: Nach der Reise ist vor der Reise heißt es. Und auf genau diese Reise werden wir nun gehen. Japan, Heimat, wir kommen! Vergesst uns nicht. Auf Wiedersehen!

Kommentare werden erst wieder im September freigeschaltet. Ihr versteht das sicher, dass wir im Urlaub nicht an den Computer gehen.

Das ist Karate!

Was Karate wirklich ist, habe ich bereits mehrfach geschrieben. Aber noch immer verstehen viele diese Kunst gern falsch. Also ergänze ich meinen letzten Artikel und möchte Ōyama Masutatsu, den Begründer des Kyokushin-Karate, zitieren. Der Fokus liegt dabei heute auf der körperlichen Seite. Warum erkläre ich noch.

„Karate ist kein Spiel. Es ist kein Sport. Es ist nicht einmal eine Technik der Selbstverteidigung. Karate ist zur Hälfte eine körperliche, zur anderen Hälfte eine spirituelle Disziplin.“

So ganz einverstanden bin ich mit dem großen Meister nicht. Man kann das auch durchaus anders sehen. Karate war und ist durchaus Selbstverteidigung für mich. Dieben meinen Geldbeutel zu überlassen, um sie nicht zu verletzen, käme mir niemals in den Sinn. Wer mir, bildlich gesprochen, an die Wäsche will, hat ein Problem.

„Karate hat eine nicht zu leugnende mystische Qualität. Doch all dies ist das Ergebnis von Durchhaltevermögen und Training. Es ist offen zugänglich und hat nichts mit geheimen esoterischen Schriften zu tun, die manche Karateschulen angeblich besitzen. Selbst wenn solche Bücher existieren, sind sie keine praktischen Erklärungen für die Methoden und Techniken des Karate, sondern abstrakte Erklärungen der geistigen Haltung.“

Ōyama Masutatsu hat recht, es gibt keine geheimen Techniken und keine Super Karateka, die allein mit Blicken einen Vorteil für sich verbuchen. Aber im modernen (Sport)Karate werden all jene Techniken nicht mehr gelehrt, die nach Meinung einiger Meister, eine zu große Verletzungsgefahr bei Wettkämpfen darstellten.

Was aber nicht gelehrt wird, gerät schnell in Vergessenheit. Und plötzlich ist Karate pflegeleicht und seine Schüler taumeln gebückt durchs ganze Leben, statt aufrecht und mit Stolz zu gehen. Mein Vater hat mich traditionelles Karate gelehrt. In all seiner Konsequenz. Das ist ein Grund warum ich Kämpfe gewinne und andere sie verlieren. Was auch für das normale Leben gilt.

„Die Kampfkünste wurden erdacht um Siege zu fördern, daher erfordern sie Rivalität. Doch gleich wie stark der Rivale auch ist, der Gerechte wird immer siegen. Davon bin ich überzeugt. Demzufoge muß Karate eine gerechte Kunst sein. Menschliche Wesen, die diesen Namen auch verdienen, sollten gewillt sein, Gemeinheit durch Gerechtigkeit zu bekämpfen, und dies bis zum Tode, falls es nötig sein sollte.

Ohne diesen Willen, in dieser Weise für die Gerechtigkeit einzustehen, was wäre das Leben noch wert? Die höchsten Dinge, die man aus einem Kampf auf der Grenzlinie zum Tod erfahren kann, sind Gerechtigkeit, Höflichkeit und der WEG. Und das Erreichen dieser drei Dinge bedeutet einen gewissen Sieg. Im Vergleich dazu sind Ruhm und Geld ohne Bedeutung.“

Karate kann zu mehr Gerechtigkeit führen. Davon bin auch ich fest überzeugt. Dabei ist es egal ob ich einen kleinen Jungen oder einen alten Mann vor Schlägern rette. Das Ergebnis ist es, das letztlich zählt. Auch der Sieg über mich selbst, wenn ich lächelnd vor einem Provokateur stehe und sein verbaler Angriff verpufft.

Ōyama Masutatsu war eigentlich Koreaner. Aber das ist nur Nebensache. Und er hat Karate auch nicht revolutioniert. So wenig wie Gichin Funakoshi, der Begründer des modernen Karate, dem Shotokan. Traditionelles Karate ist anders. Gelernt hatten sie es beide. Im Ansatz zumindest. Aber dann nur noch den eigenen Stil praktiziert.

Beide, Kyokushin-Karate und Shotokan sind durchaus gut. Mir sind sie zu einseitig, zu sehr vom eigentlichen Ursprung entfernt. Mein Karate war stets anders. Schon als Kind habe ich gern und oft improvisiert. Instinktiv. Gelernt habe ich andere Techniken erst viel später.

Es ist schwierig bis unmöglich, den geistigen Aspekt im Karate mit Worten abzubilden. Dazu ist (m)ein Blog denkbar ungeeignet. Karate und Zen-Buddhismus sind ein Team. Und das ist absolut kein Widerspruch. Es ist der japanische Weg, der im Westen kaum verstanden wird.

Aber ich kann die absolute Kompromisslosigkeit aufzeigen, wenn es im alten, traditionellen Karate darum ging, einen Angriff abzuwehren. Die Formel lautet krass ausgedrückt: Wer einen Karateka attackierte, war ganz schnell besiegt. Und das ist noch heute so, wenn jemand echtes Karate kann. Wobei besiegt nicht unbedingt wörtlich zu verstehen ist. Man kann mit Karate auch richtige Kämpfe vermeiden.

Und genau das ist der Unterschied zwischen Kampfkunst und -sport. Kickboxer, um das System einfach zu benennen, machen nur noch Spaß. Sie tänzeln, sie prahlen und feuern irgendwelche Tritte und Haken ab. Um im Wettkampf Punkte zu bekommen, was ihnen bei einem echten Angriff kaum hilft.

Schnell macht sich Verwirrung breit, wenn ich die Unterschiede im Dojo lehre. „Aber Sensei“, höre ich dann, „das verstehen wir nicht! Es heißt doch im Karate gibt es keinen Erstangriff.“

Nun hat das wieder Gichin Funakoshi gesagt und hat damit durchaus recht. Aber seine Verwässerung des Karate, der daraus entstandene Wettkampfstil, hat mit zum heutigen Problem geführt. „Funakoshi ist nicht in der Lage, etwas anderes als Gymnastik zu unterrichten“, hat Ōyama Masutatsu gesagt und damit den Nerv getroffen, an dem Karate noch immer krankt.

Aber hat er recht? Ja und nein. Shotokan ist ein durchaus guter Stil und richtig erlernt bis ins hohe Alter ausführbar. Aber das gilt für alle Karate Arten, wie diverse Meister noch immer zeigen. Trotzdem halte ich die Okinawa Stile für besser, wenn es um Traditionen geht. Und um mit einer Legende aufzuräumen, auch im Karate gibt es Hebel und Würfe. Wie im traditionellen chinesischen Wushu (Kung Fu).

Das Wissen um die Gesamtheit von Karate muss zwingend erhalten bleiben. Es geht dabei weniger darum wie man jemand töten kann. Wer das nur denkt, hat nichts verstanden und gehört vermutlich in die Psychiatrie.

Ich habe lange gesucht und ein Video gefunden, dass sich „This is Karate!“ nennt. Zwar wird dort der Shōrin-Ryū Stil gezeigt, aber der „Aha-Effekt“ sollte vorhanden sein. Den beiden Sensei geht es wie meinem Vater und mir darum, das echte Karate zu erhalten. Hauen kann jeder. Richtiges Karate nur wenige.

Sie zeigen einen Stil, den viele Thai- und Kickboxer, sowie die koreanischen Taekwon-Do Schüler, noch nie gesehen haben. Die wären alle ziemlich überrascht, wenn es zu einer Auseinadersetzung käme. „Kannst du das alles?“, höre ich die Frage und muss lächeln. Ja und noch eine ganze Menge mehr.

Ich finde die beiden Sensei gut und authentisch. Daher teile ich gern ihr Video. Und nun viel Spaß beim schauen:

Der Schlangenbiss

Der Schüler eines großen Samurai ging nach dem Training nach Hause. Es war schon spät und der Junge müde. Also beschloss er, die Abkürzung durch den Wald zu gehen. Seine kleine Laterne spendete nur wenig Licht. Bevor er sich versah trat er auf eine Schlange, die ihn prompt biss.

Voller Panik lief der Schüler zu seinem Meister zurück. „Hilf mir, Sensei“, rief er schon von draußen, „eine Schlange hat mich im Wald gebissen!“ Der Samurai sah sich die Wunde an, die zwar schmerzhaft, aber harmlos war. Keine Spur von Gift.

Er behandelte seinen Schüler und gab ihm Medizin. Sofort fühlte der Junge sich besser. Aber die Angst blieb. „Sensei“, bat er, „kannst du mich nicht nach Hause bringen? Ich habe Angst, dass mich die Schlange wieder beißt.“

Der Samurai ging in die Küche und kochte Tee, den er in aller Seelenruhe trank. Als die Tasse leer war sah er seinen Schüler lange an. „Es gibt immer mehrere Wege, die uns ans Ziel führen“, sagte er. Ist es weise in der Finsternis durch den Wald zu gehen?“

Der Schüler schämte sich, als er die Worte hörte und ging den längeren Weg nach Hause. Dort gab es Fackeln und in vielen Häusern brannte noch Licht. Freudestrahlend kam er am nächsten Tag zum Training. „Danke, Sensei“, sagte er und verbeugte sich. „Du hast mein Leben gerettet.“

Aber nach dem Training kam seine Angst zurück und als die anderen Schüler gegangen waren, bat er den Samurai erneut um Rat. „Sensei“, sagte er, „was mache ich, wenn ich noch einmal einer Schlange begegne und die vielleicht giftig ist?“

„Wenn du ihr nicht aus dem Weg gehen kannst“, erwiderte der Samurai, „schlägst du ihr ohne zu zögern den Kopf ab. Aber entscheiden musst du, was besser für dich ist.“

Der Mann, der kein Karate konnte

Lügner und Betrüger hat es schon immer auf der Welt gegeben. Wenn Menschen einen Vorteil wittern, schlagen sie hemmungslos zu. Sinnbildlich versteht sich. Einige auch mit brutaler Gewalt. Aber um Gewalt geht es in diesem Artikel nicht. Auch, wenn sie Teil unseres Lebens ist.

Im Karate gibt es Gürtel, die den Leistungsstand repräsentieren. Schwarz trägt nur der Meister, der bis zum 5. Dan selbst Schüler ist. Schwarz trägt auch ein neuer Schüler, der seit 10 Jahren Meister ist. Sagt er und legt eine Urkunde aus Malaysia vor, die niemand entziffern kann. Gleichzeitig aber auch ein Attest vom Arzt. Bandscheibe kaputt, das tut weh!

Angeblich ist der Mann in Hongkong geboren. Aber Kantonesisch spricht er nicht. Er ist Brite mit deutschem Pass und deutscher Mutter. „James heiße ich“, sagt er locker, „aber ihr könnt mich gern Jimmy nennen. So wie mein großes Vorbild, Jimmy Wang Yu.“

Die wenigsten meiner LeserInnen dürften diesen Namen kennen. Aber Wang Yu, war wirklich einst „Der Mann aus Hongkong.“ Er war auch „Der einarmige Schwerkämpfer“ und hat eine Menge Martial Arts-Filme gedreht. Alle auf seine eigene Art. Ich habe niemals einen schlechteren Martial Artist gesehen. Der Mann konnte nichts, das aber richtig gut.

Wang Yu’s Stärke war sein Charisma. Aber wer ihn ungelenk durch alte Filme hopsen sieht, wird meist laut lachen. Wang Yu konnte weder Karate, noch irgend eine Form des Kung Fu. Nur sein Schwertkampf war passabel. Offenbar hat er darin einst Unterricht gehabt. Der Rest war Straßenkampf und einstudierte Schläge.

Der Sensei akzeptiert Jimmy, aber der steht meist im Hintergrund. So gut wie nie nimmt er richtig am Unterricht teil, spart aber nicht mit klugen Sprüchen. Ich bin damals 19 Jahre alt. Es war meine wilde Zeit. Und doch war ich bereits gut darin Betrüger zu entlarven. Wie Jimmy, der nur ein Schauspieler ist.

Meine Chance kommt nach einigen Wochen, als ich den Sensei wegen Verspätung vertreten darf. Wie immer sitzt Jimmy im hintersten Winkel und feuert die anderen Schüler an. Als ich ihn bitte mir zu assistieren, wird er unruhig und will plötzlich gehen. „Ich habe noch einen Termin“, murmelt er. Was nach 20 Uhr am Abend kaum vorstellbar ist.

„Ich brauche doch nur 5 Minuten“, sage ich lächelnd. „Du würdest mir mit deiner großen Erfahrung sehr helfen.“ Jimmy wird bleich, Schweiß tritt auf seine Stirn. Ich habe ihn und er weiß das ganz genau. „Wenn du uns die Sesan-Kata zeigen könntest, ich werde dann dazu etwas erklären.“

„Ja, aber meine Bandscheibe“, protestiert Jimmy schwach. „Ich weiß nicht, ob mein armes Kreuz hält.“ Ungerührt blicke ich den erbärmlichen Lügner an. Dann trete ich blitzschnell zu. Jimmy macht keinen Versuch auszuweichen, er hat den Kick nicht kommen sehen. Keinem Meister wäre das passiert. Das wars mein Junge, du bist blamiert.

Jimmy sitzt verdattert auf dem Hosenboden und meine Schüler sind fassungslos. Unruhe macht sicht breit. Wütende Rufe, der Zorn regiert. „Zieh diesen Gürtel sofort aus“, sage ich bestimmt. „Du bist nur ein Lügenmeister.“ Unser Sensei rettet die Situation und erspart dem Entlarvten weitere Schmerzen. Körperlich. Sein kleines Ego leidet schwer.

Mit knappen Worten informiere ich den Sensei und er nickt. „Meine Schuld“, sagt er zerknirscht. „Ich habe so etwas schon geahnt und wollte es nur nicht sehen. Aber du leitest heute das Training. Entscheide du.“ Ich nicke und gehe drohend auf Jimmy zu. „Warum“, will ich wissen, „was soll dieses Theater?“

Jimmy geht auf die Knie und verbeugt sich immer wieder. Er stottert, versucht sich zu erklären. Unwirsch nehme ich den Gürtel aus seiner Hand. „Ich … ich habe Karate immer geliebt“, flüstert der Lügner. „Ich wollte doch nur so so sein wie Wang Yu!“ „Ein Mann, der kein Karate konnte“, erwidere ich kalt. „Bravo, das hast du geschafft.“

Abenteuer Japan – Teil 6: Okinawa-Te

Japan ist ein Land voller Mythen und Legenden. Durch Jahrhunderte der Abschottung, hat sich eine einzigartige Kultur entwickelt. Der Rest der Welt steht Japan gespalten gegenüber. Anime und Manga lieben alle. Auch, das aus Japan stammende Karate. An dieser Stelle dann ein harter Schnitt, denn die Wurzeln des Karate liegen anderswo.

Wir sind zuück aus Shanghai. Wieder ist Fukuoka nur Zwischenstation. Die Reise geht weiter nach Okinawa. Dem Ort, an dem man wirklich Karate erfunden hat. Der Legende nach haben Shaolin-Mönche Kung Fu nach Okinawa gebracht. Dort soll sich ihre Kunst mit einheimischen Praktiken vermischt haben und die Urform des Karate war geboren, das „Te.“

In vielen (amerikanischen) Filmen, wird Karate brutal und als Angriff an die Zuschauer gebracht. Hollywood lässt grüßen. Mit dem wahren Geist, hat das wenig zu tun. Und der weht noch immer in Okinawa. Zwei Stunden dauert der Flug von Fukuoka. Mit dem Mietwagen geht es weiter ins Hotel. Davor lagen Mails und Telefonate, die unseren Besuch erst möglich machten.

Aber was unterscheidet Karate in Okinawa vom Rest der Welt? Ist es wirklich so viel anders? Mein Vater ist Meister im Gōjū-Ryū-Karate, dem harten und weichen Stil. Dessen Ursprünge liegen klar im „Weißen Kranich Kung Fu.“ Wir kennen die klebenden Hände, die auch im Wing Chun zun Alltag gehören. Und wir nutzen, Hebel, Würfe und Bodenkampf, wie im Aikijujutsu.

Der elementare Unterschied von Okinawa-Te (Okinawa-Karate) zu anderen Stilen sind die durchgehend defensiven Techniken. Das klingt zwar gut, stellt aber so manchen Schüler vor Probleme. Weniger wegen der Schierigkeit, aber diese Art des Karate ist für Männer gemacht.

Es wäre wenig klug für eine Frau, den harten Okinawa-Stil zu lernen. Die Philosophie von Block und Konter, ist nicht meine Welt. Ich kann als Frau keinen Schlag eines Muskel-Hünen (hart!) blocken und auf Unversehrtheit meiner Unterarme hoffen. Aber ich kann seine Kraft gegen ihn nutzen. Weich und effektiv.

Ein Dojo in Okinawa ist das „Heim“ des Meisters. Er ist hier Vater, Lehrer und ihm gebührt Respekt. Als wir das Dojo betreten und mit Herrn Tetsuhiro (Name geändert) sprechen, überreiche ich einen kleinen Obulus im Briefumschlag, den er natürlich erst viel später öffnet. Es geht um Respekt, der Meister will kein Geld.

Ich kenne mich und meinen rebellischen Geist. Daher habe ich bewusst nach einem Sensei gesucht, der die alte Okinawa-Schule lehrt. Davon, Schienbeine, Unterarme, Genitalien abzuhärten, hält der Sensei wenig. Noch weniger von Bruchtests. Wie mein Vater ist er der Meinung, ein Brett schlage nicht zurück. Was ich unterschreibe.

Wer nun glaubt ich könne keine Ziegel, oder Bretter zerschlagen, der irrt. Aber muss ich es auch machen? Herr Tetsuhiro lehrt einen Stil, der vor einigen hundert Jahren Standard war. Wozu hohe Tritte, fragt er in die Runde. Der Stand werde davon instabil. Angesprochen sind dabei westliche Gäste, die aus dem Kickboxen und Sport-Karate kommen.

Die Hälfte seiner Schüler sind Europäer und Amerikaner. Und alle sind auf der Suche, wie ein lustiger Mexikaner später berichtet. Der Mann ist weit über 60 und seit 40 Jahren in Karate aktiv. Aber in Okinawa war er noch nie. Er habe hier mehr über sich und den Sport gelernt, sagt er, als in all den vergangenen Jahren.

Yuki ist skeptisch. Sie hat Videos vom Okinawa-Karate gesehen und wie hart Mann dort trainiert. Ich kann sie beruhigen. In diesem Dojo zumindest wird nicht geprügelt. Herr Tetsuhiro hat nur eine Frau als Schülerin. Und das ist seine eigene Tochter Hiromi. Sie soll und wird das Dojo später leiten. Und sie ist wirklich gut!

Mit Interesse schaut der Sensei auf meinen 3. Dan. Er will eine Kata von uns sehen und nickt am Ende. Wir sind willkommen. Let the Games begin! Wir trainieren überwiegend mit Hiromi, die sich gern um uns kümmert. Aber sie hat Respekt vor mir, der immer größer wird.

Der Grund ist die rasende Geschwindigkeit, mit der ich die Techniken adaptiere. Vieles kenne ich. Bei einigen Sachen bin ich skeptisch. Gegen westliche Boxer werden die nicht funktionieren. Da ist mein Stil dann effektiver. Aber ich bin hier nur Gast.

Wir bleiben 5 Tage und haben Spaß. Kein Stress, kein böses Wort. Nur Gleichgesinnte, die alle freundlich sind. Am letzten Tag will der Sensei uns testen. Er bittet seinen Sempai (ältester Schüler) das Kumite zu übernehmen. Unter den kritischen Blicken des Sensei fangen wir an. Werden Frauenhände wieder siegen?

Ich kann diesen Kampf nicht gewinnen, wenn ich nach den Regeln meines Kontrahenten gehe. Der wartet ab und überlässt mir den ersten Schlag. Aber ich bin lange genug im Karate, um alle Tricks zu kennen. Auch, dass man ein Duell mental gewinnen kann. Also mache ich so lange nichts, bis der Sensei nickt. „Gut“, sagt er. „Du hast verstanden.“

Was er meinte war, dass Karate niemals als Angriff genutzt werden soll. Er erlaubt aber doch, dass ich meine Kunst zeige. Mit Yuki. Elfchen schnauft gespielt empört und flüstert „Immer ich.“ Aber sie spielt mit und darf mich auch zu Boden werfen. Und dabei hat sie Spaß.

Spaß hatte ich auch, als ich diese Artikel schrieb. Vielleicht sind sie anders ausgefallen, als manche LeserInnen erwartet hatten. Aber es ist schwierig Japans Kultur in reinen Worten zu vermitteln. Wer mehr erleben will, der sollte Land und Leute vor Ort kennenlenen. Japan, ist immer eine Reise wert.

Abenteuer Japan – Teil 1: Der Tokio Deal

Wenn Menschen Urlaub machen, packen sie gern Sonnencreme und Bikinis ein. Wir reisen anders. In Tokio selbst gibt es keinen Strand. Bei der Tante sind wir nur 2 Tage, dann geht die Reise weiter. Per Flugzeug versteht sich. Mit dem Auto sind 1.000 Kilometer viel zu weit.

Der Grund? Neugier, aber auch Business. Ich vertrete meinen Vater bei einer Transaktion, die uns ein gutes Einkommen bringt. Überhaupt hat er mir Vollmacht für seine Geschäfte übertragen. „Ich ziehe mich davon zurück“, erklärt er mir. „Du wirst Oberhaupt der Familie werden. Ich nur ein Sensei und so ist es gut.“

Schon allein dieser Satz sorgt für einen Lachanfall bei mir. Humor made by Papa. Selbst meine Mama schmunzelt. Meine Eltern werden länger in Japan bleiben. Sogar an eine völlige Rückkehr wird gedacht. Aber Deutschland ohne meinen Vater? Das kann nur daneben sein.

Von den Flügen gibt es wenig zu berichten. Stewards und Stewardessen waren vor mir sicher. Ich war so brav, wie Yuki neben mir. Tokio ist toll, es ist mein zweiter Besuch in dieser Stadt. Quirliges Leben und JapanerInnen satt. Wenige Touristen stechen aus der Menge hervor. Wir tauchen ein und schwimmen mit. Kann man als Japanerin eine Fremde sein?

Ein Taxi bringt uns zur Nobeladresse. Nun wird es ernst. Leben, wie ich es mag. Yuki ist aufgeregt. Sie spielt die Assistentin. Chic im sündhaft teuren Kleid, der Hosenanzug steht mir besser. Ein älterer Herr erwartet uns. Umgeben von einem halben Dutzend Typen. Anwälte, Schleimer, ein Bodyguard.

Mein Vater hat mich vor Herrn Haruno (Name geändert) gewarnt. „Er ist ein Schlitzohr, das zu handeln versteht“, hat er gesagt. Aber (ver)handeln kann ich gut, das liegt in meinen Genen. Und ich kann sehr überzeugend sein.

Förmlichkeiten und Etikette bestimmen das Treffen. Es wird Tee gereicht und vom Wetter gesprochen. Nur ernst nimmt mich der alte Knabe nicht. Sein Fehler. Malen nach Zahlen kann ich besser. Sein Angebot ist versuchter Raub. Prompt erhöhe ich die Summe.

Ich schockiere die Runde mit der Zahl, eisiges Schweigen folgt als Antwort darauf. Verwirrt blättern die Männer in den Papieren. Das Biest hat (k)eine falsche Zahl genannt. Wir feilschen wie Pferdehändler auf dem Markt im Mittelalter. Es macht mir Spaß die Typen vorzuführen.

Yuki ist sehr still, sie fühlt sich unwohl in der Runde. Ich trumpfe auf und werde immer besser. Das ist mein Spiel, BWL gemixt mit Persönlichkeit. Aber der graue Mann will eigensinnig bleiben. Kalte Augen mustern mich. Eine Spur von Wut kann ich in darin lesen. Er beherrscht sich, aber auch das kann ich gut.

„Vielleicht rede ich doch besser mit Ihrem Vater“, sagt er und fixiert mich dabei. „Von Mann zu Mann spricht es sich viel besser.“ Die Beleidigung prallt an mir ab, ich schenke dem Rüpel ein zuckersüßes Lächeln. Das verwirrt jeden Mann.

„Ich werde ihm berichten“, sage ich und stehe auf. „Genießen Sie den Tag.“ Meine Worte sitzen, die Botschaft ist angekommen. Ich nicke Yuki zu und langsam gehen wir zur Tür. Taktik, wie ich sie liebe. Auf halbem weg erreicht mich eine Stimme. „So warten Sie doch!“, holen mich Worte zurück. Ein Anwalt wedelt mit Papieren. „Wir akzeptieren!“

Ich unterzeichne. Alles ist gut, der Deal ein Erfolg. „Sie sind die Tochter Ihres Vaters“, gibt mir Herr Haruno zum Abschied mit. Und das bin ich, sonnenklar. Kopfschüttelnd und lachend hängt Yuki in meinem Arm, als wir wieder durch die Straßen gehen. „Wie hast du das nur gemacht?“, will sie wissen. „Ich dachte die fressen uns jeden Moment!“

„Na ja“, erwidere ich. „Niemand, der weiter Geschäfte machen will, mag Ärger mit meinem Papa haben. Auch ein Herr Haruno nicht. Das habe ich ihm zu verstehen gegeben. Er hätte viel Geld verloren, wenn er heute nicht unterzeichnet hätte. Das wusste er und doch hat er den Preis zu drücken versucht.“

„Ich bin dafür, dass du mich jetzt drückst“, sagt Elfchen frech und gibt mir einen Kuss. „Damit unser Urlaub ein echtes Abenteuer wird.“ Und genau das habe ich gemacht.

Der Rest des Artikels ist mein Posting vom Montag. Auf Details verzichte ich. Im zweiten Teil geht es ans Meer. Oben ohne versteht sich … im Cabriolet. Was habt ihr denn nun gedacht?