Based on a True Story. Der Titel ist dem Lied „And Emily plays“ von Pink Floyd geschuldet.
Es waren nur vier kurze Worte, die Emilys Welt auf den Kopf stellten. „Vero ist tot!“, stand auf dem Display des Handys. Eine zweite SMS, abgehackte Worte, die von purer Verzweiflung zeugten. Emily las. Plötzlich war dort wo ihr Herz sein sollte nur noch ein Schwarzes Loch. Ein Laut entwich Emilys Kehle, wie ihn sonst nur waidwunde Tiere ausstoßen. „Vero ist tot!“, hämmerte es in ihrem Kopf.
„Was ist passiert?“, wollte ihre Freundin wissen, die sofort Unheil ahnte. Wortlos reichte ihr Emily das Handy und ging ins Schlafzimmer. Ohne nachzudenken, aber doch mit einem klaren Ziel, wühlte sie im Kleiderschrank. Als sie den Teleskopschlagstock fand lächelte sie. „Time to play“, murmelte sie und ihre Augen blickten kalt.
Ihre Freundin weinte. Auch sie hatte Vero gut gekannt. „Was … was ist denn passiert? Warum nur …? Emilys Lächeln war eisig, als sie den Schlagstock durch die Finger wirbeln ließ. „Lass uns fahren“, sagte sie. „Ich muss etwas tun.“
Etwas zu tun war normal für Emily. Sie mischte sich stets ein, wenn es Probleme gab. Meist für Frauen, vor denen sie schützend stand. Der Schwarze Gürtel in Karate war durchaus hilfreich dabei. Mit Emily war nicht zu spaßen, wenn sie der Zorn überkam. Und zornig war sie oft, wenn auch stets eiskalt kontrolliert.
Einige Menschen hatten das nicht ernst genommen und ihren Fehler bitter bereut. Einem Mann hatte sie die Finger gebrochen, als er ihr an den Hintern fasste. Und eine stadtbekannte Lesbe ging ihr auch nach Jahren noch aus dem Weg. Die Ohrfeigen hatte sie nie vergessen.
Emilys Clique wartete schon. Ein halbes Dutzend Frauen und alle hatten Vero gut gekannt. Trauer lag in der Luft. Eine Stadt weint, wenn ein Engel geht. Emily schaute in die Runde. Ihr kaltes Lächeln verwirrte alle. „Klärt mich vielleicht mal jemand auf?“, fragte sie.
„Sie hatte wieder Streit mit ihrem Lover“, meldete sich Kim. „Und ich hatte ihr noch gestern gesagt, dass sie Abstand braucht. Einfach eine Auszeit, um den Kopf klar zu bekommen.“ Zustimmendes Gemurmel folgte ihren Worten. Auch Emily nickte. Sie wusste, Kim hatte recht.
„Ich hätte ihr die Beziehung ausreden müssen“, sagte Emily leise. „Oder vielleicht besser ihm!“ Kim schüttelte die rote Wuschelmähne. „Du hast es doch versucht, wir alle haben das! Du weißt doch selbst, was für ein Dickkopf Vero sein konnte. Vero …“
Kims Tränen flossen und alle Frauen weinten mit. Nur Emily nicht. Sie saß einfach nur da und lächelte. Ihre Freundin nahm vorsichtig ihre Hand. Sie kannte dieses Lächeln gut. „Mach keine Dummheiten!“, bettelte sie. „Das bringt Vero nicht zurück.“
Veronika, von allen Vero genannt, war Emilys älteste und beste Freundin. Die beiden waren zusammen aufgewachsen und hatten alles geteilt. Nur nicht die Liebe, Emily liebte Frauen. Vero hatte immer nur gelacht, wenn Emily sie aus Spaß mit anderen Mädels verkuppeln wollte.
Vero mochte nur Männer und war unsterblich in Kevin verliebt. Gemeinsam bezogen sie schon früh eine Wohnung. Aber Kevins Eifersucht, sein krankhafter Zwang Menschen zu kontrollieren, hatte viel Unglück über die Beziehung gebracht. Und doch blieb Vero ihm treu, er war die Liebe ihres Lebens.
Emily hatte sie fast angefleht Kevin zu verlassen. Aber Worte sind machtlos, wenn Liebe den Verstand übernimmt. Es gab oft Streit. In letzter Zeit noch mehr. Und gestern war Vero in die Nacht geflohen. Durch den Schleier der Tränen sah sie den Wagen nicht. Ein Schlag, ein stummer Schrei und wieder hatte das Schicksal einen Engel umgebracht.
„Wo ist er?“, fragte Emily mit kalter Stimme. „Er wird bereuen, dass er geboren worden ist!“ Wahnsinn tobte durch die Nacht, der brennende Wunsch nach Rache. „Kommt ihr?“, fragte sie zu Kim und ihrer Freundin gewandt. „Lasst uns spielen gehen.“ Ohne sich umzudrehen marschierte sie zu ihrem Wagen.
Kim, Vero und Emily waren als Trio legendär. Beste Freundinnen seit Kindertagen. Und bei diesen Drei war keine zu viel. Auf dem Weg zu Veros Wohnung sprach niemand. Die Frauen wussten, dass niemand Emily stoppen konnte.
Emily klingelte. Ein Unbekannter öffnete, Emily hatte ihn noch nie gesehen. „Geh mir aus dem Weg“, sagte sie und trat dem Mann brutal zwischen die Beine, als der einen Moment zu lange zögerte. Noch während er ächzend zu Boden ging, war Emily mit einem schnellen Schritt in der Wohnung.
„Kevin!“, rief sie. „Zeig dich du Held!“ Zwei Männer versperrten ihr den Weg und die Mädels machten Front. „Verschwindet ihr Affen“, sage Emily. „Oder ihr könnt im Krankenhaus Runden drehen.“ Der Schlagstock pfiff durch die Luft. Die Männer wichen zurück, die Drohung wirkte.
Emilys Zorn kannte keine Grenzen, die Schleusen des Hasses öffneten sich. Emily war dazu in der Lage, die Flut aus Emotionen in die richtige Bahn zu lenken. Aber sie würden Kevin überrollen, das stand fest.
Ein Gespenst schwebte auf Emily zu. Sie erkannte Kevin, um dessen Augen dunkle Ränder lagen. Er wankte, die beiden Männer mussten ihn stützen. Als er Emilys Gesichtsausdruck sah, begann er zu zittern. „Ich …, es tut mir so leid!“, stammelte er. „Vero …, ich habe sie doch geliebt!“
Emily musterte die traurige Gestalt, dieses armselige Zerrbild eines Menschen. „Liebe? Du?“ Sie spuckte ihm ins Gesicht. „Du hast sie auf dem Gewissen! Deine Eifersucht, dein krankes Ego! Dafür zahlst du hier und jetzt!“ Einer der Männer griff nach ihr und wollte sie zur Seite drängen. Der Schlagstock traf und knackend brach sein Unterarm.
Emily kickte den Schreienden zu Boden. „Ruf wer die Polizei, die ist ja nicht normal!“, hörte sie und war mit einem Schritt bei dem Sprecher. „Normal?“, fauchte sie und riss das Knie nach oben. „Nein, normal ist wirklich anders. „Der da, hat meine beste Freundin umgebracht!“
Kevin nutzte den Moment und lief los. Hinter ihm schrien Menschen. Und ein Rachedämon folgte ihm. Auf der Straße holte Emily Kevin ein. „Time to play“, sagte sie. Kevin sah die Tritte nicht kommen, sie explodierten an Unterleib und Kinn. Wie vom Blitz gefällt ging er zu Boden und krümmte sich vor Schmerz.
Emily lächelte, ein gezielter Schlag zur Kehle und alles wäre aus. Ein plötzlicher Windstoß trieb ihr Sand in die Augen. Sie blinzelte und glaubte für einen Moment ihre tote Freundin zu sehen. Die Erscheinung weinte und Emily ließ Kevin los. Sie wischte sich übers Gesicht. „Vero?“, murmelte sie. Aber niemand antwortete, das Bild war fort.
„Bi … bitte“, schluchzte Kevin, „lass mich doch. Ich habe …“ „Halt den Mund!“, fauchte Emily und brach ihm mit einem gezielten Schlag die Nase. Mitleidlos sah sie zu, wie das Blut zu Boden floss. „Geh mir aus dem Augen du Stück Dreck“, sagte sie. „Aber wage es zur Beerdigung zu kommen und du bist tot!“
Emilys Freundin zitterte am ganzen Leib und war doch mächtig stolz auf sie. Emily war es nicht. Aber Rache ist manchmal der einzige Weg. Kevin blieb der Beerdigung fern. Er lag mit einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus. Sagte er. Die Wahrheit hat viele Gesichter.