Welche Farbe hat die Nacht

Welche Farbe hat die Nacht

Die letzte Schlacht war geschlagen. Sieben Jahre hatte der Krieg getobt. Tausende waren gestorben, nun stand das siegreiche Heer vor der halb verbrannten Stadt. Das Böse, jener Schatten der die Bewohner befallen hatte, war in der dunkelsten Nacht des Jahres verschwunden. Aber in einem letzten Terrorakt, hatte ein Verräter König Folkvar umgebracht. Er, der die Hoffnung eines ganzen Volkes war, starb in den Armen seiner Getreuen.

Sein Mörder hatte keine Minute überlebt und war unter den Hieben von Folkvars Leibwache gefallen. Die Männer waren tief betroffen und gaben sich die Schuld am Tod des Königs. Aber wie können Menschen gegen einen Besessenen bestehen? Prinzessin Liv hatte keine Tränen, als sie an der Leiche ihres Vaters stand. Das bleiche Mädchen, fast noch ein Kind, war schon immer seltsam gewesen. Kaum hatte man sie reden hören. In ihren Augen schimmerte stets ein halb vergessener Traum.

Graf Rigobert, der engste Berater des toten Königs, holte tief Luft. „Wir müssen eine Entscheidung treffen“, sagte er. „Das Volk braucht einen König.“ Er biss sich auf die Lippen und seufzte. „Ich bin mir nicht sicher, ob sie Liv als Regentin akzeptieren. Ich bin mir noch nicht einmal sicher ob sie weiß was geschehen ist.“ General Baldur nickte. Der alte Soldat war der Schwiegervater des Königs. Seine Tochter war bei Livs Geburt gestorben. Sonja war das Licht des Königreichs gewesen, ihr Lachen hatte die finsterte Nacht erhellt. Als sie starb, verdunkelte sich die Welt.

„Vater geht es gut“, sagte Liv leise und sah die Männer an. Der Schleier in ihren Augen war verschwunden und sie lächelte. „Großvater, magst du mir helfen? Es gibt noch etwas zu tun.“ Sie bückte sich und nahm das Schwert des Königs auf. Spielerisch wirbelte das Mädchen die Klinge durch die Luft. „Schaut doch, ich habe geübt.“ Baldurs Herz hämmerte gegen seine Brust. Die eisblauen Augen seiner Enkelin bohrten sich in seine Seele. Er wusste, was vor ihm stand war kein Mensch. „Was soll ich tun?“, fragte er mit zitternder Stimme, „wie kann ich dir helfen?“

Prinzessin Liv deutete in die Ferne. „Wir müssen den Schatten besiegen, der Vater umgebracht hat. Er verkörpert das uralte Böse der Welt und lebt seit Äonen auf dem Aschenberg. Sein Geist war es, der die Menschen beherrschte, der all das Unheil brachte. Wir müssen ihn aufhalten, sonst kommt er eines Tages wieder.“ Liv sah die Männer an. Alle waren Krieger, Soldaten, die sich in vielen Schlachten bewährt hatten. „Nein“, sagte sie und ihre Stimme klang traurig. „Keiner von euch kann gegen den Schatten bestehen. Aber ihr könnt mir vielleicht helfen seine Diener aufzuhalten. Die sind zu besiegen, er leider nicht.“

Hauptmann Finn, der Anführer der Leibwache trat nach vorn. „Zählt auf mich, Prinzessin! Ich werde euch beschützen.“ Liv lächelte. „Ach guter Finn“, erwiderte sie, „du hast schon so viel für mich getan. Nimm ein Dutzend deiner besten Männer und geleite Großvater und mich. Graf Rigobert wird bis zu unserer Rückkehr das Königreich verwalten.“ Wie auf ein geheimes Kommando gingen die Männer auf die Knie. Alle spürten die Macht der jungen Prinzessin, die vom träumerischen Kind urplötzlich zur Königin geworden war.

Wenige Tage später brachen sie auf. Liv trug eine eilig angefertigte Lederrüstung und ein Kettenhemd. Das Schwert des Königs war am Sattel ihres Falben befestigt. In einer eindrucksvollen Demonstration hatte sie ihrem zweifelnden Großvater gezeigt, dass sie mit der Waffe umgehen konnte. „Finn hat mich heimlich unterrichtet“, gab sie ihr Geheimnis preis. Der Hauptmann lachte verlegen. „Sie ist meine beste Schülerin. Nie habe ich jemand derart kämpfen gesehen.“ 

Der Aschenberg lag etwa dreißig Tagesritte entfernt. Es hieß, er habe einst Feuer gespuckt und das Land und die dort lebenden Menschen verbrannt. Und wirklich war dort nur verbrannte Erde und kahles Gestein. Kein Baum, kein Strauch, kein Tier. Die Menschen mieden den Ort. Neugierige Abenteurer kehrten nie zurück. Baldur hatte kein gutes Gefühl, daher hatte er weitere hundert Männer angewiesen ihm in gebührendem Abstand zu folgen.

Trotz aller Vorsicht stieß die kleine Truppe nach einer Woche auf Banditen. Nur Liv sah den Schatten in den Augen des Anführers, ihr Großvater und die Soldaten lediglich Pfeil und Bogen. Schwarz angemalte Zähne ließen den Räuberhauptmann noch bedrohlicher wirken. Seine Rüstung war, wie die seiner Männer, erbärmlich. Ebenso ihre Waffen. Einzig die Bögen waren die wirkliche Gefahr. „Ja wen haben wir denn da“, sagte der Räuber. „Einen leckeren Happen für ausgehungerte Männer. Ich sage euch was, ihr gebt mir das Mädchen und ich lasse euch ziehen. Wie klingt das für euch?“ Er lachte bei diesen Worten und leckte sich über die Lippen.

Liv sah ihn an und für einen Augenblick schien sich ein Leuchten um ihre zierliche Gestalt zu legen. „Cín ambar na- lelya-; glenn- iar gwathren! Deli- in i fuin -o i dú. Glenn- hi!“, rief sie dem Anführer zu, der sich bei diesen Worten stöhnend vor Schmerz krümmte. Mit einem Wehlaut verwandelten sich die Banditen in morsche Skelette und fielen klappernd zu Boden. Ihr Pferde lösten sich einfach auf. „Wir sehen uns …!“, hauchte der Banditenführer, bevor auch er als Staub zu Boden fiel. „Elbensprache“, murmelte Baldur, „ich wusste es die ganze Zeit!“

Livs glockenhelles Lachen brachte die Zuversicht in die Herzen der Männer zurück. „Was hast du zu ihm gesagt?“, wollte Baldur wissen. „Bist du wirklich meine Enkelin?“ „Deine Welt ist verschwunden; geh, alter Schatten! Versteck dich in der Dunkelheit der Nacht. Geh jetzt!“, erwiderte Liv und legte ihre kleine Hand auf die ihres Großvaters. „Großmutter war vom alten Volk. Sie hat es dir nie gesagt. Ich soll dich von ihr grüßen.“ Baldur riss die Augen auf und für einen Moment glaubte er das Gesicht seiner verstorbenen Frau zu sehen. „Du … du bist meine Tara?“, stammelte er. „Aber wie … warum …?“

„Wir verlieren unsere irdischen Körper, wenn wir Kinder von Menschen gebären“, erwiderte Liv. „Ich war schon viele. Das ist mein Schicksal, ich liebe die Menschen zu sehr. Wenn wir Kinder sind erinnern wir uns noch nicht, wenn wir erwachsen werden kommt die Erinnerung zurück.“ Liv drückte die Hand ihres Großvaters. „Ich war auch Sonja“, flüsterte sie. „Es ist schwer zu erklären, aber wir existieren ewiglich. Der arme Finn glaubte, er habe mich im Schwertkampf unterrichtet. Ich habe bereits vor mehr als dreitausend Jahren gelernt damit umzugehen. Aber genug geredet, nun lass uns gegen einen Drachen reiten. So zumindest werdet ihr ihn sehen. Ich kenne seine wahre Gestalt.“

Die Reise verlief weitgehend ereignislos. Nur einmal trafen sie auf einen merkwürdigen Kauz, der auf einem klapprigen Wagen saß. „Er ist ein Seelenhändler“, sagte Liv, „ein Opfer des alten Bösen.“ Sie deutete auf die verlockenden Waren. Seidengewänder lagen neben funkelndem Geschmeide. „Kauft sie und ihr bezahlt einen hohen Preis.“ Der Alte kicherte zahnlos, fauliger Odem entwich seinem Mund. „Du bist schlau Elbin, sehr schlau. Aber kannst du auch gegen den Meister bestehen?“ „Cin gar- baw rod. Glenn- iar mán“, rief Liv und kreischend löste sich der Händler auf. „Du hast keine Macht, geh alter Geist.“ Dann kam die Nacht.

Von einem Moment auf den anderen wurde es stockfinster. „Habt keine Angst“, sagte Liv. „Ich kann auch in dieser Dunkelheit sehen. Galad, Licht!, rief sie und ein Stern erschien am Himmel. Liv lachte. „Welche Farbe hat die Nacht, Großvater? Erinnerst du dich was ich als Kind immer fragte?“ Baldur nickte. „Ja“, erwiderte er. „Ich sagte dir, dass die Nacht alle Farben kennt und sie nur unter ihrem Mantel verbirgt.“ „Genau so ist“, sagte Liv und zog ihr Schwert, das in allen Farben funkelte. „Und nun lass uns einen Drachen töten gehen.“

Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, sind Teil des ewigen Kreislaufs. Prinzessin Liv besiegte das Böse und schloss es für alle Zeiten im Aschenberg ein. Finn schwor später, er habe eine Göttin gesehen, die mit einem Flammenschwert einen Drachen getötet habe. Baldur dagegen hatte ein zierliches Mädchen gesehen, das lächelnd ein Licht in den Hallen des Aschenbergs entzündet hatte. Geschichten verändern sich.

Liv verließ die Menschen, nachdem sie fünfzig Jahre ihre Königin gewesen war. „Ihr werdet euch nun selbst regieren“, hatte die jugendliche Königin zum Abschied gesagt. Kein Mann hatte sie jemals berührt. Dann ritt sie über einen Regenbogen ins Reich der Erinnerung zurück. Dorthin, wo die Legenden für immer lebendig sind.

Wie ein Schatten in der Nacht

Der Wille zum Bösen, ist oft die treibende Kraft in Menschen. Eri Kisaki hatte genau diesen Weg gewählt. Sie war eine Killerin, ein Monster in Menschengestalt. So zumindest sahen das die Behörden, die die Yakuza seit Jahren suchten.

Saya Kisaki war egal, was andere über ihre große Schwester sagten. Sie hatte Eri immer geliebt und kein Wort von dem geglaubt, was die Polizei ihr sagte. Saya war ein einfaches Mädchen und vom Leben aus der Bahn geworfen. Sie arbeitete als Stripperin und Hure und doch reichte das Geld fast nie.

Sayas Kapital war ihr makelloser Körper. Mit zweiundzwanzig bist du nicht wirklich alt. Aber die Stöße der Männer verletzten ihre Seele. Jeden Tag tiefer, jeden Tag ein bisschen mehr. Saya wollte weg! Nur raus aus diesem Leben. Viele Freier schlugen sie und wollten ungeschützten Sex. Aber wer schützt eine Frauenseele.

Eines Tages schien ihre Chance gekommen. Ein Fremder kam in den Club, ein Europäer. Schwede sollte er angeblich sein, aber das war Saya ganz egal. Nicht egal war ihr sein Angebot sie für einen Film zu engagieren. „Es ist ein besonderer Film“, sagte er. „Aber einer ohne Happy End.“

Die Gage stimmte und das war noch untertrieben. 10.000 US Dollar waren für Saya das Tor zur Welt. Sie unterschrieb den Vertrag, den sie kaum lesen konnte. Zu lange waren die Englischstunden in der Schule her. Aber wer fragt schon nach Details, wenn eine solche Summe lockt.

Saya hatte wenig, aber doch regelmäßig Kontakt zu ihrer Schwester. Eri konnte nicht viel für Saya tun. Ihr Leben war viel zu gefährlich. Und doch wachte sie heimlich über sie. Aber was kannst du tun, wenn du im Schatten lebst? Saya schickte Eri eine SMS. „Ich werde Filmstar“, schrieb sie. „Eine schwedische Firma hat mich engagiert. Du wirst schon sehen, ich werde berühmt!“

„Bestimmt ein Porno“, erzählte Saya einer Freundin und beide lachten. „Pass nur auf, sonst wirst du noch schwanger!“ Und wirklich musste Saya sich nackt ausziehen, aber die Männer hatten kein Interesse an Sex. Kalte Augen musterten ihren Körper. „Kamera läuft, es geht los!“

Ein junger Mann trat vor. Kalte Augen und sehr gut gekleidet. Verunsichert blickte Saya auf das Messer in seiner Hand. Wer schützt Frauen vor wilden Tieren. Der Schitt war tief, dann kam der Schmerz. Saya schrie, sie kämpfte, aber keine Frau kann sich gegen ein halbes Dutzend Männer wehren.

Als Eri die SMS las erwachte sofort das Misstrauen in ihr. Mit dem Instinkt des Raubtiers witterte sie Gefahr. Sofort rief sie Saya an, aber ihre Schwester schwieg. Der Motor des BMW brüllte, als Eri regelrecht über die Straßen flog. Noch im Auto rief sie eine Nummer an, die ihr Auskunft über die dubiose Filmfirma gab. „Snuff-Videos“, sagte die Stimme. „Wenn deine Schwester da mitmacht, ist sie tot.“

Die Männer töteten Saya nicht, es waren immer nur recht harmlose Schnitte. Aber je mehr sie schrie, umso tiefer schnitten sie. Saya weinte, das Blut floss in Strömen. Schwitzende Gesichter, in denen pure Mordlust flackerte, brannten sich in ihren Verstand. „Aufhören, bitte!“, rief sie in purer Verzweiflung. „Eri, so hilf mir doch …!“

„Stop!“, die harte Stimme eines Mannes ließ Sayas Peiniger erstarren. Eisgraue Haare und Augen dominierten nicht nur sein Gesicht. „Wen meinst du mit Eri?“, fragt er und packte Saya hart an den Haaren. „Mei … meine Schwester“, stammelte Saya. „Wer ist deine Schwester, rede!“, forderte der Mann. „Eri … Eri Kisaki!“, flüsterte Saya mit letzter Kraft. „Sie wird euch alle töten!“

„Fuck!“ Der Mann ließ sie los, Panik grub sich tief in sein Gesicht. „Raus hier, alles abbrechen, sofort! Das …“ Weiter kam er nicht. Die Tür des Raumes flog krachend auf. Plopp machte es, als die erste Kugel sein Hirn zerfetzte. Die zweite Kugel traf sein Herz. Wie ein Schatten in der Nacht kam der Tod über die Männer. „Ihr tötet niemand mehr!“

Eri schoß und alle Kugeln trafen ihr Ziel. 7 Männer lagen tot am Boden. Eri hatte keine Blicke mehr für sie. Mit einem Schritt war sie bei ihrer Schwester. Keine Wunde war tödlich, es würden nur kleine Narben bleiben. Eri versorgte ihre Schwester und brachte sie in ein Krankenhaus. An diesem Tag wurde Saya neu geboren.

„Wer hat dich engagiert?“, wollte Eri von Saya wissen, als die Ärzte Entwarnung gaben. „Nenn mir einen Namen, er wird nie wieder Frauen töten!“ „Der Vertrag“, flüsterte Saya. „Er liegt in meiner Wohnung auf dem Küchentisch.“ Wieder glitt ein Schatten durch die Nacht. Ein Engel der Rache stieg vom Himmel herab.

Der Wille zum Bösen, ist oft die treibende Kraft in Menschen. Carl Janson war besessen von dieser Kraft. Er wartete auf Eri. Bewaffnet und entschlossen. Aber wie fängst du die Dunkelheit. Als Eri vor ihm stand, hatte sie 4 weitere Männer getötet. Kurz und schmerzlos. So, wie sie es immer tat. Aber Carl ließ sie leiden. Eine Stunde lang ritzte sie das Kanji für „Schwein“ in seine Haut. Dann schnitt sie ihm die Hoden ab.

PS: Das ist die harmlose Version dieser Geschichte. Für Yuki und alle zarten Seelen. Bedenkt bitte, das ist nur ein Text. Ohne Wertung, ohne Hass.