Unser Aufenthalt in Schweden liegt nun schon einige Zeit zurück. Kurz hatte ich überlegt, ob ich darüber schreiben soll. Aber dieses Jahr war Arbeit angesagt und für Spaß blieb wenig Zeit. Der Bericht wäre eine Sammlung von Datenblättern geworden und ein Loblied auf automobile Kunst. Und das will niemand lesen.
Aber so völlig ohne heiße Schlitten, wird das Leben lahm. Daher gibt es zumindest den Anfang der Reise. Ohne Technik versteht sich. Dafür mit Elfe. Was habt ihr denn nun gedacht?
You are my person
I will love thee to the end
Yukiko means Love
Elfchen strahlt, als sie die Worte hört. Ich habe sie ihr ins Ohr geflüstert. Und auch wenn sie „The One“ für mich ist, heute muss die diesen Titel teilen. Mit einem Kerl, was für ein Skandal! Aber Yuki lacht und nimmt mir frech die Schlüssel ab. „Ich fahre!“, sagt sie bestimmt. „Du darfst dann im Auto bloggen.“
Wer nun glaubt in Yuki eine ängstliche Fahrerin zu sehen, wird schnell eines Besseren belehrt. Elfchen hat wie ich die A-Lizenz und fährt einen heißen Reifen. Objekt der Begierde ist erneut ein Nissan GT-R. Das neue Nismo Modell, mit schlappen 600 PS.
Der GT-R ist ein Traum und lässt die Herzen höher schlagen. Vor allem, wenn Hand angelegt worden ist. Graf Werner, mein väterlicher Freund und Mentor, hat zur Autoshow gebeten. „Frau Landar, ich zähle auf Sie“, hat er gesagt. „Eine Überraschung wartet schon!“ Und ich bringe ebenfalls eine mit.
Die Fahrt ist lang, wir spielen Steuer(frau) wechsel dich. „Liebe, die sich auf der Strecke zeigt“, sinniere ich und gebe lässig Gas. „Wir sind wirklich viel unterwegs“, sagt Yuki. „Zu viel?“, will ich sofort wissen. „Nö“, erwidert Yuki und schaut mich frech an. „Das Hausmütterchen gibt’s nebenan!“
„Ey, das ist mein Spruch!“, protestiere ich sofort, aber Elfchen lacht mich aus. „Den Grafen haben wir lange nicht gesehen“, stellt sie fest. „Wie es dem alten Mann wohl geht.“ Yuki sorgt sich viel mehr um andere Menschen, als ich das scheinbar mache. Aber das trügt. Auch ich kümmere mich. Nur anders.
In meinem Herzen steht ein Tempel.
Der Schönheit hab ich ihn geweiht,
Der Göttertochter, die erhaben
Gebietet der Unendlichkeit.
„Georg Heym“, stellt Yuki fest, als sie die Zeilen hört. Wo hast du den nun wieder ausgegraben?“ Wir sprechen über DichterInnen, Kunst und Literatur. Ein Mercedesfahrer will mich provozieren, ich schaue ihn mitleidig an. Wieder so ein Kerlchen, dem Papa das Auto finanziert. Vermutlich als Potenzverstärker, um Größe bei der Damenwelt zu zeigen.
Ihn deckten Staub und Spinneweben,
Lang stand er in die Nacht versenkt,
Da nahtest du, vor deinen Augen
Klafften die Tore, freigesprengt.
„Heym war schon ein toller Dichter“, sagt Yuki. „Ich mag den auch gern lesen. Dich natürlich auch! Worüber schreibst du heute?“ „Über dich, uns“, erwidere ich wahrheitsgemäß. „Um zu teilen unser Glück, damit alle neidisch werden.“
Ein Frührot strahlet meinem Tempel.
Herrin, du kommst, ich harre dein,
Der Göttin Tempel steht dir offen,
Willst du die Priesterin mir sein?
Elfchens silberhelles Lachen, ist Musik für meine zarten Ohren. Wir albern herum und die Minuten eilen. Ein Porsche überholt uns. Autobahnpolizei, die sich nun vor uns setzt. „Folgen“, erscheint auf dem Leuchtband. Das hat uns noch gefehlt. „Guten Tag, Fahrzeugkontrolle. Ihre Papiere bitte“, heißt es auf dem Rastplatz dann.
Natürlich finden Beamten kein Vergehen, aber sie halten uns unnötig lange auf. „Ich muss sie warnen“, sagt ein Polizist abrupt. Wenn sie zu diesem illegalen Cannonball Rennen wollen …“ „Davon ist mir nichts bekannt“, unterbreche ich ihn. „Wir wollen nach Hamburg. Können wir jetzt fahren?“
Ein finsterer Blick bohrt sich in meinen. Was, oh Mann ist dein Begehr? „Passen Sie mal auf, junge Frau“, poltert der Beamte los. „Ob Sie fahren können entscheide immer noch ich! Und …“ Das Funkgerät unterbricht seinen Redefluss. Ein Raser, der gegen die Fahrtrichtung fährt. Gegen den Strom schwimme auch ich. Mainstream, das machen nur die anderen.
„Du kannst Menschen Angst machen mit deinen Augen“, flüstert Yuki als die Polizisten fahren. „Auch wenn ich dich schon lange kenne, vor diesem Blick fürchte ich mich. Fühl mal! Ich habe total die Gänsehaut.“
Hamburg präsentiert sich kühl, der alte Graf ist leicht erkältet. Aber in seinem Gesicht geht die Sonne auf, als er den Nissan sieht. „Ich wäre gern dabei in Schweden“, sagt er leise. „Leider wird dieses Jahr daraus nichts. Aber Sie müssen unbedingt mit in die Scheune kommen. Da steht ein wahrer Augenschmaus!“
Was Graf Werner als Scheune bezeichnet, ist in Wirklichkeit eine geflieste Halle mit viel Licht. Dort stehen einige Kostbarkeiten, die ich nicht nennen mag. Ich kenne sie schon, wir waren schon mehrfach zu Besuch. Aber die AC Cobra ist neu und hat mindestens so viele Pferdestärken, wie der unbehandelte Nissan GT-R.
Ich bin den Wagen gefahren und habe mich neu verliebt. Zumindest für eine halbe Stunde. Als ich wiederkomme wartet Yuki schon auf mich und mein Herz schlägt schneller. Mir wird wieder bewusst, dass, egal wie toll andere Fahrgestelle sind, niemand meine Elfe übertrifft. Sie bleibt „The One“ für mich.