Girls, Girls, Girls! – The Dinah Shore Weekend

Mayumi: „It’s 106 miles to the Dinah, we got a full tank of gas, it’s not really dark … and we’re wearing sunglasses.“

Yuki, Ally and Heather: „Hit it!“  

(Sehr frei zitiert aus dem Film Blues Brothers)

Dieses Zitat ist recht passend, da es von Los Angeles nach Palm Springs wirklich diese berühmt gewordenen 106 Meilen sind. Also fast. Wir haben nicht nur die Bikinis eingepackt, auch unsere amerikanischen Freundinnen sind mit dabei. Sie haben lange gespart, das Leben in den USA kann teuer sein. Und auch beim Dinah Shore Event regiert der Kommerz.

Wer noch nie etwas von diesem einzigartigen Festival gehört hat, dem will ich kurz auf die Sprünge helfen: The Dinah Shore Weekend in Palm Springs, ist die größte lesbische Party der Welt. Punkt. Noch Fragen? Keine? Gut, dann will ich in Verbindung mit einigen Bildern meine Eindrücke schildern. Wer die nicht lesen möchte, der klickt an genau dieser Stelle weg.

Freundinnen von Ally waren bereits dort und haben uns vor einer gewissen Zügellosigkeit gewarnt. „Da laufen auch Jägerinnen durch die Gegend“, hat uns Keira gesagt, „die suchen gezielt nach Beute und schleppen sie in die Hotels ab.“ Sie schmunzelt und gibt zu, dass sie auch ein „Opfer“ war. „Na ja, nicht wirklich“, schränkt sie ein, „ich bin ja gern mit und hatte jede Menge Spaß.“

Hände am Po, anzügliche Kommentare, aber alles im Rahmen von ungezwungener Fröhlichkeit, sind beim Dinah Shore Weekend normal. „Wer hier empfindlich ist, hat keinen Spaß“, sagt Keira und zwinkert mir zu. „So?“, fragt Yuki und haut mir auf den Hintern. „Darauf stehst du doch“, sagt sie frech und bekommt prompt einen Kuss dafür.

Das Gepäck ist im Kofferraum, natürlich haben wir viel zu viel dabei. Vier Frauen auf der Reise, da kommt einfach Freude auf. Lippenstift, Deo und Slip-Einlagen, die Frau von Welt muss immer gut gerüstet sein. Und wo ist noch der Nagellack?

Der BMW schnurrt die Meilen ab, Palm Springs erwartet uns mit 30 Grad. Sonne pur und gute Laune, das Hotelzimmer ist auch für 4 Personen groß genug. Dinah Shore wir kommen!

Wir haben uns VIP-Tickets besorgt. Die sind nur scheinbar teuer, aber gewähren ungehinderten Zugang zu allen Events. Warum ist einfach erklärt, ich habe keine Lust ewig Schlange zu stehen.

Die Bilder vermitteln nur einen Teil jener Atmosphäre, die uns fast erschlagen hat. Ausgelassenheit, Lachen und ein unbeschreibliches Lebensgefühl. Das alles und noch mehr ist „The Dinah.“ Wir treffen Frauen, die fröhlich und total aus dem Häuschen sind. Nur wenige sehen wie Models aus. Aber die richtig!

Die Eröffnungsfeier findet am 29. März ab 21 Uhr in Zelda’s Nightclub statt. Ally und Heather trinken Alkohol in Maßen, bei noch immer 25 Grad und einer aufgeheizten Stimmung, wäre alles andere ein KO-Kriterium.  Wir treffen Anke aus Hamburg, die uns mit ihren 175 Zentimetern deutlich überragt. „Ich bin extra für das Event in die USA geflogen“, erzählt sie uns, „und ich bin hin und weg!“

Wir tauchen in eine Welt, die fremd und doch so vertraut für uns ist. Musik und gute Laune pur, Normalität war gestern. Prominente gehen vermutlich im Meer der Frauen unter. Ich habe niemand erkannt. Am Ende wird es in der Presse stehen.

Gefühlte 100 Unterhaltungen später sprechen uns zwei Mexikanerinnen an. Recht schnell wird klar, dass sie mehr als nur ein Lächeln wollen. Höflich lehnen wir ab und ernten enttäuschte Blicke. Auch das ist Dinah Shore. Noch mehr Gesichter und Namen ziehen vorbei, das Stimmengewirr raubt uns die Sinne.

Ally und Heather suchen meine Nähe. Sie sind überwältigt, aber weniger selbstbewusst. Stunden später taucht Anke wieder aus der Menge auf und strahlt über das ganze Gesicht. Ihre Kurzhaarfrisur ist zerzaust und sie wirkt ziemlich ausgelaugt. „Ich kann nicht mehr“, sagt sie lachend, „ich habe die ganze Zeit nur getanzt.“

Gegen 1 Uhr verlassen wir die Party und fahren zu unserem Hotel. Anke nehmen wir mit, ihr Quartier liegt auf dem Weg. „Eigentlich wollte ich mit meiner Freundin zum Dinah“, erzählt sie uns, „aber wir haben uns gestritten. Sie lebt noch im Schrank, wenn du verstehst?“ Ich verstehe gut. „Habt ihr euch getrennt?“, frage ich nach. „Ich mich“, sagt Anke. „Wir leben im 21. Jahrhundert, da muss keine Frau mehr Angst vor ihren Eltern haben.“

Wir schlafen gut und frühstücken noch besser. Danach erkunden wir Palm Springs. Noch von Los Angeles aus habe ich ein Dojo gefunden, das wir um 15 Uhr betreten. Der Sensei freut sich ehrlich uns zu sehen. Er ist aus Puerto Rico und seit mehr als 15 Jahren im „Geschäft.“

Wir absolvieren ein leichtes Training, ohne Sport fehlt mir einfach was. Ich zeige meine Kunst und wirbele einige Schüler über die Matte. Aikijujutsu hat hier noch keiner gesehen. Und meine Kicks lösen staunende Gesichter aus.

Nach dem Abendessen holen wir Anke wieder ab, die froh ist uns zu sehen. „Mir ist voll die Decke auf den Kopf gefallen“, gibt sie zu. „Dankeschön, dass ich mit euch kommen darf!“ Wir sehen sie nicht wieder, sie reist am nächsten Morgen überraschend ab. Ihre „Ex“ habe angerufen, lässt sie uns per SMS wissen.

Die Tage verschwimmen, Pink Pussy Party, Wet – Wild Pool Party, Dinah Comedy House, Hollywood Party, Sunday Funday Party ziehen wie im Rausch an uns vorbei. Die meisten Gespräche bleiben oberflächlich. „Hallo, wie geht es euch, wo kommt ihr her?“

Jegliches Zeitgefühl geht verloren. Tanzen, schlafen und alles geht von vorne los. Irgendwann sehen wir irgendwo Mariah Hanson, die Veranstalterin des Dinah Shore. Sie rauscht vorbei und ist auch schon wieder weg. Lass diese Party nie zu Ende gehen!

Die Comedy ist super, die Mädels machen richtig gute Witze. Plötzlich steht Keira mit ihrer neuen Freundin neben uns. „Wir können nur einen Tag bleiben“, sagt sie und begrüßt uns herzlich. „Ihr habt mich doch bestimmt vermisst!“

Später werfen wir sie in den Pool, was in einer allgemeinen Wasserschlacht endet. Sonntags erreicht uns eine SMS von Anke. „Meine Freundin hatte ihr Coming Out!“ Die Worte lassen mich lächeln. Vielleicht hat sich wieder gefunden, was zusammen gehört.

„The Dinah“ zu beschreiben, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Hier wird mit der Legende aufgeräumt, dass für Frauen Partys weniger wichtig seien. Angeblich suchen Lesben viel öfter den Aufenthalt in der Natur, als schwule Männer. Das mag zutreffend sein, auch wir sind keine absoluten Party Girls.

Mit dem Dinah Shore Weekend, haben wir uns einen Traum erfüllt. Eifersüchtig sind nur die anderen. Wir schauen interessiert und es gibt wirklich viel zu sehen. Hier tummelt sich alles, vom stylischen Tomboy mit Kurzhaarfrisur, bis hin zu grell geschminkten Lipstick Lesben. Dazwischen wir. Aber das habt ihr bestimmt gewusst.

Natürlich haben wir nicht permanent Party gemacht. Selbst meine Kondition hat Grenzen. Und auch der Speicher meines Handys. Ich habe so einige neckische Bilder gemacht. Aber die werde ich auf keinen Fall mit euch teilen, ihr bekommt nur die normalen zu sehen.

Es wäre bestimmt unanständig, eine klatschnasse Mayumi im Bikini zu zeigen! Was habt ihr denn nun gedacht? „Hey Laydeeeees!“, schallt es über das Gelände, die DJane sorgt für Stimmung pur. „Das ist Wahnsinn!“, lässt mich Yuki mehrfach wissen. „Wehe du gehst mir fremd!“

Sie lacht bei diesen Worten, auch das gehört zu unserem Ritual. Wir lieben uns, da besteht keine Gefahr. Plötzlich spricht uns eine Japanerin an. Riko ist in den USA geboren, aber ihr japanisch ist perfekt. „Ich freue mich euch zu treffen“, sagt sie. Vertraute Klänge, ist das Osaka Dialekt?

Riko und ihre Freundin Madison kommen aus Kentucky. „Wir wollen nach Kalifornien ziehen“, verraten sie uns. Die beiden sind ein schönes Paar. Riko ist eindeutig der „Boss“. Kaum größer als ich, mit langen Haaren, zieht sie die blonde Madison hinter sich her.

Die lacht nur. „So macht sie das immer“, ruft sie, „wir sind gleich wieder da!“ Wenig später stehen sie wieder neben uns. Madison ist Schriftstellerin. „Na ja, ich will es werden“, schränkt sie ein. „Aber ich habe schon für einige TV-Produktionen das Drehbuch korrigiert.“

Riko schaut verliebt und ist stolz auf sie. „Ich bin leider nur Anwältin“, sagt sie lächelnd. „Und was für eine!“, protestiert Madison sofort. „Sie gewinnt jeden Fall!“ Die Chemie zwischen uns stimmt, das bestätigen später auch Ally und Heather.

„Wir ziehen im Juni um“, sagt Riko und nennt uns die Adresse. „Ich habe schon einen Job in einer kleinen Kanzlei und Madi darf dann die Hausfrau machen.“ Die schnauft gespielt empört und grinst dann doch. So einfach kann Liebe sein.

Zum Abschied tauschen wir Handynummern aus. „Danke!“, sagen beide und meinen das auch. Ich tausche einen Blick mit Yuki. Wortlose Zustimmung, wir bleiben vorerst in den USA. Aber dass, so weiß ich, wird ein Kraftakt werden.

Trotzdem habe ich auf das Armdrücken mit den beiden Mädels auf den Foto verzichtet, die sind deutlich stärker als ich. Was das Bild nicht zeigt sind die Lacher der beiden. Und wir haben mitgelacht.

Als wir uns Montags von Palm Springs verabschieden, sind wir alle ziemlich geschafft. Jetzt steht wieder Normalität auf dem Programm. Wobei Kalifornien eigentlich immer eine Art von Urlaub ist.

Mayumi: „It’s 106 miles to Los Angeles, we got a full tank of gas, it’s not really dark … and we’re wearing sunglasses.“

Yuki, Ally and Heather: „Hit it!“  

Und das habe ich gemacht.

Absolut Miami – Teil 1: Über den Wolken

Wir lernen die Menschen nicht kennen, wenn sie zu uns kommen. Wir müssen zu ihnen gehen, um zu erfahren, wie es mit ihnen steht. (Johann Wolfgang von Goethe)

Ich mag dieses Zitat und habe mich stets danach gerichtet. Witzigerweise habe ich so meine japanischen Landsleute in Japan kennengelernt. Als Kind versteht sich. Japaner in Deutschland sind etwas anders. Zumindest was meine Eltern und mich selbst betrifft. Ich habe noch nie einem Klischee entsprochen.

Wir sind einmal mehr auf der Reise. Yuki ist wie immer aufgeregt. Haben wir auch alles? „Double check it“, habe ich gesagt und Elfchen damit fast wahnsinnig gemacht. Aber sie freut sich total auf diesen Urlaub. Miami wir kommen, das wird Sonne pur!

Als das Flugzeug startet und der Schub uns in die Sitze drückt, fällt mir das Lied „Über den Wolken“ ein. Der Liedermacher Reinhard Mey hat es gesungen, als meine Eltern noch Teenager waren. Ich habe es erst vor einer Weile für mich entdeckt. Die Zeilen sind gut, der Sänger ist ein (angepasster) Poet.

Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen sagt man, blieben darunter verborgen. Und dann würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.

Die Gedanken der letzten Wochen fallen von mir ab. Ich lasse los, wie ich das immer auf einer Reise mache. Deutschlands Enge bleibt zurück, wir starten in einen neuen Morgen. Ursprünglich wollten wir schon vor einigen Wochen zum Dinah Shore Event nach Palm Springs fliegen. Aber Pläne ändern sich.

Dinah Shore ist das lesbische Event in den USA. Tausende von Mädels kommen um (sich) zu feiern. Da darf natürlich meine Biestigkeit nicht fehlen. Begleitet von (m)einer Elfe, das ist doch klar.

Der Flug ist lang, es gibt wenig zu berichten. Wir schauen Filme, lesen und dösen vor uns hin. Das Essen ist einigermaßen genießbar. Ich habe schon schlechteres erlebt. Aber Alkohol sollten man auf solchen Flügen doch verbieten. Er enthemmt Menschen und das macht wenig Sinn.

Ein untersetzter Mann  buhlt um meine Aufmerksamkeit. Er trinkt (zu viel) Wein und sucht immer wieder Blickkontakt. Ich schenke ihm ein eisiges Lächeln. Ob Mann je versteht?

Als er aufstehen will greife ich nach meinem Essbesteck und lasse das Messer durch die Finger wirbeln. Der Mann schluckt und hat es endlich kapiert. Yuki zwinkert mir zu und gibt mir auch ihr Messer in die Hand. Prompt habe ich doppelten Spaß. Botschaften können so einfach sein.

Das Messer blitzt, die Schweine schrein,
Man muß sie halt benutzen,
Denn jeder denkt: »Wozu das Schwein,
Wenn wir es nicht verputzen?«
(Wilhelm Busch)

Endlich in Miami angekommen passieren wir problemlos den Zoll. Überall sehen wir ernste, aber freundliche Gesichter. Einreise in die USA ist immer speziell. „Yumi, Yuki, hier …!“, erklingt eine bekannte Stimme. Freudestrahlend laufen Ally und Heather auf uns zu.

Unser Kontakt mit den California Girls ist nie abgerissen und ihr Besuch in Deutschland fest eingeplant. Als ich Ally von Reiseplänen nach Miami erzähle, hat sie uns spontan eingeladen. „Wir besuchen meine Tante Ende Mai“, schrieb sie mir. „Tante Dakota hat drei Töchter, aber die sind alle schon ausgezogen.“

Ganz unjapanisch lassen wir die Umarmungen zu. Wer mich kennt weiß, wie wenig ich das mag. Aber die beiden Mädels habe ich spontan ins Herz geschlossen. Und vielleicht wird daraus noch viel mehr.

Wer nun den Beginn einer Affäre mit Frauentausch wittert, den kann ich beruhigen. Gemeint ist ein – zeitlich begrenzter – Umzug nach Amerika. Vermutlich gegen Ende des Jahres, oder im Januar 2017. Mit oder ohne Blog werde ich dann sehen. 9 Stunden Zeitunterschied sind doch recht viel.

Urlaub in Miami zu machen ist anders, Urlaub in Miami ist wirklich „heiß!“ Außerhalb des Flughafens schlägt uns drückende Schwüle ins Gesicht und Elfchen ringt nach Atem. „Krass!“, sagt sie leise. „Das ist schlimmer als Japan hier!“

Noch mehr krasse Zeilen werden schon bald in eure Pupillen eilen. Fortsetzung folgt …