Ein Kommentarchat mit einer Blog-Freundin, hat mich auf die Idee dieses Textes gebracht. Es ging dabei um (werdende) Mütter und um das Studium allgemein. Auch um das oft leidige Thema Anwesenheitspflicht bei Vorlesungen.
Vermutlich werden nun „ältere Semester“ hellhörig werden und fragend auf diese Zeilen schauen. War es nicht bisher gängige Praxis, sich in überfüllte Hörsääle zu zwängen, um dann in hinterster Reihe das ein oder andere Wort des Dozenten zu verstehen? Nun, das war einmal! In der Realität sind Hörsääle heute oft verwaist, der Dozent stellt seine „Thesen“ online zur Verfügung. Wären da nicht uneinsichtige Rektoren, die Studierende zur Teilnahme zwingen. Wie? Durch Anwesenheitslisten.
Richtig so, mag sich nun der ein oder andere Leser denken. Endlich stehen diese faulen Studenten wieder zeitig auf und lernen etwas! Dieser Denkweise kann ich nur den berühmten Vogel zeigen. Inmitten einer Unzahl an Studenten lernt der Einzelne nichts. Höchstens wie er seinen Eintrag auf der Liste manipuliert. Gelernt wird effektiv zu Hause. Die ach so tollen Hörsääle aus TV- und Kinofilmen sind oft nur Legende, der hochsympathische und -motivierte Dozent ein Witz.
Als (werdende) Mutter hat Frau ganz andere Probleme zu lösen, als sich um eine Anwesenheitsliste und -pflicht zu kümmern. Was zählt ist das Ergebnis, die Klausur. Verbocke ich die, ist es meine eigene Schuld. Daran ändert auch stundenlanges Sitzen in überfüllten Hörsäälen nicht viel.
Natürlich gibt es Missbrauch, dem diese Listen entgegen wirken sollen. Sozialschmarotzer, die dann von Kindergeld, BaFög oder Hartz IV leben und sich einige Jahre eine Partyreiche Zeit gönnen, haben die Listen scheinbar notwendig gemacht. Ich finde sie schlecht und möchte aus der Sicht von Frau aufzeigen warum das so ist.
Nehmen wir Jule B., die ich soeben erfunden habe. Jule ist 21 Jahre jung, hat ein gutes Abitur bestanden und studiert seit 4 Semestern Psychologie. Sie lebt mit Ansgar zusammen, einem angehenden Mediziner. Die beiden lieben sich, was sich dann in Svenja wiederspiegelte, ihrer vor wenigen Monaten geborenen Tochter.
Super, mag sich nun der Leser denken. Warum konnten die beiden nicht verhüten, oder mit dem Kinderwunsch warten? Nun, warum sollten sie? Warum ist es nicht möglich ein familiengerechtes und -freundliches Studium zu ermöglichen? Jule hat nun das Problem eine Kita für ihr Baby zu finden. Alternativ nimmt sie es zur Uni mit. Das kommt nicht gut an, Babies haben Hunger, müssen gewickelt werden und sind nicht immer gut gelaunt. Das stört die Vorlesung und Jule muss den Hörsaal verlassen. Und das bevor sie sich in die Liste eintragen kann.
Wo liegt nun der Fehler? Bei Jule mit Sicherheit nicht. Unsere Gesellschaft braucht Kinder, um weiter zu bestehen. Aber dieses Land tut nichts dafür, dass Familien sie auch haben wollen. Im Gegenteil werden jungen Familien nicht nur an der Uni Steine in den Weg gelegt. Aber Jule ist eine starke Frau und gibt nicht auf. Sie sucht nach einem Fernstudium und kann in Zukunft mehr oder weniger entspannt zu Hause lernen. Mutter und Kind tut das gut. Svenja wächst und gedeiht und Jule kann sich ihren Traum erfüllen. Aber die Regel ist das nicht.
Junge Familien in Deutschland haben mit vielen Hürden zu kämpfen. Die werden oft noch höher, wenn es sich dabei um lesbische Paare handelt. Klar, in unserer noch immer homophoben Welt, in einem konservativ geprägten Deutschland, ist das leider so. Genau das war ein Grund für Yuki und mich noch keine Kinder zu haben. Ich bin eine Kämpferin, aber nicht um jeden Preis. Damit haben meine Gegner zwar scheinbar einen ersten Punktsieg errungen, aber das Ende ist das noch nicht.
Ich habe schon ein Diplom und studiere nur erneut, um mir (m)einen Traum zu erfüllen. Und erst dann werde ich Mama. Ach Moment … Yuki sagt ich solle das relativieren. Sie würde die Kinder bekommen, ich müsse sie dann bekochen. Gibt’s da vielleicht auch einen Bachelor Studiengang? Nur so eine Idee …