Accept
Ich geb Gas – Ich will Spaß!
Ich geb Gas – Ich will Spaß, hat Markus vor mehr als 30 Jahren gesungen. Neue Deutsche Welle nannte sich das.
Meine Eltern kennen den Song, sie haben ihn mir oft vorgespielt. Vielleicht rührt daher meine Leidenschaft für schnelle Wagen. Gas gegeben habe ich wieder, bin sozusagen durchgestartet.
Ein schneeweißer Golf R steht am Samstag vor der Tür. 300 PS, DSG-Getriebe, Allrad. Auch das ist „Neue Deutsche Welle.“ Vernunft ist anders.
„Haben Sie ein neues Auto, Frau Landar?“, will eine Nachbarin wissen und schaut mich neugierig an.
„Nur fürs Wochenende“, erwidere ich. Wir dürfen den testen.“
Yuki und ich haben schon vor Wochen ein Hotel in der Schweiz gebucht. Mit Glück, aber das gehört dazu. Eine Nacht mit 3 Sternen, eine Nacht im Schnee.
Der Golf springt an und Enttäuschung steht mir im Gesicht. Ich vermisse das bullernde Geräusch des Achtzylinders, den ich vor Weihnachten fahren durfte.
Yuki liest das Hinweisheft.
„Du musst den Knopf neben dem Schalthebel drücken“, sagt sie. Vier Sekunden schreiben sie.“
Ich habe meine Zweifel, aber höre auf meine Frau. Und wie so oft, hat sie auch diesmal Recht. Der Golf scheint aus dem Tiefschlaf zu erwachen. Seine Stimme wird deutlich, er röhrt los. Ein Golf im Schafspelz sozusagen. Vehement stürmt er über den Asphalt, das DSG-Getriebe schaltet butterweich. Und das schneller, als es ein Mensch vermag. Die Autobahn lockt. Freie Wildbahn für kapitale Hirsche. Aber keine Artgenossen in Sicht. Und Jäger wollen sich nicht zeigen. 200 km/h sind schnell erreicht. Doch Wetter und Verkehr hindern mich an noch mehr Spaß. Im Gegensatz zu dem roten Boliden hat der Golf Winterreifen montiert. Auf Alufelgen versteht sich. Dank Allrad ist das Wetter kein Problem, wir fahren wie auf Schienen. Yuki überwacht mit dem Smartphone die Radarfallen. Als Die App anschlägt gehe ich vom Gas. Grinsend fahren wir an dem Blitzer vorbei. Manchmal müssen auch wir vernünftig sein.
An der Grenze werden wir freundlich begrüßt. Dem Zollbeamten gefällt unser Wagen, das ist deutlich zu sehen. Aber er ist im Dienst und fragt nur nach dem Grund unserer Reise. Außerdem müssen wir noch eine Vignette kaufen und innen an die Windschutzscheibe kleben. Der Beamte schaut in unsere Pässe und ist zufrieden.
„Gute Reise“, wünscht er uns. „Er zögert kurz. „Fahren Sie bitte langsam in der Schweiz“, sagt er. „Sonst kann es teuer werden. Schneller als 120 dürfen Sie nicht.“
Ich bedanke mich für den Rat.
„Uf widerluege“, fügt er noch im Dialekt hinzu.
In der Schweiz sollte man nicht rasen, das war mir zum Glück schon vorher bekannt. Gute 350 Kilometer sind es bis nach Obergoms. Eine Silberscheibe der Band U.D.O. liegt im DVD-Spieler. Der Sänger gleichen Namens kreischt im Duett mit dem Motor. Die Bloggerin Käthe hat mich an den Recken erinnert. Und youtube mir neue Sangeskost geliefert. Manchmal muss ich noch so wild wie Heavy Metal sein.
„It comes to you without a warning, it gets connected to your mind“, höre ich.
Der Titel heißt Metal Machine und unbewusst streichle ich das abgeflachte Lenkrad des Golfs.
Als ich vor Jahren auf U.D.O. und Accept stieß, war ich begeistert. Die Freundin einer Freundin, hat mich zu der Musik gebracht. Noch in Düsseldorf beim Karate-Training. Es kickte sich gut zu den harten Klängen. Und heute im Golf fährt es sich gleich viel besser.
Die Schweiz zeigt sich von der winterlichen Seite. Die frühlingshaften Temperaturen sind vorbei. Schneeregen wechselt sich mit Sonne und Wolken, ein ewiger Wechsel von Schatten und Licht. Unsere Sonnenbrillen sind stets griffbereit.
Wie das Wetter wohl in Japan ist?
Ich mag Berge. Und ich mag auch Schnee. Und ich mag den Golf. Er passt zu mir. Zahm, unauffällig und doch exotisch. Wild auf Knopfdruck, so wie ich.
Vor 2 Jahren waren wir im Winter in Schweden. Ein Wochenende auf der Piste. Aber Ski sind wir damals nicht gefahren. Auf tief verschneitem Untergrund und einem zugefrorenen See, haben wir Allradgetriebene PS-Schleudern ausprobiert. Kein Urlaub! Es war harte Arbeit. Sponsored by Family. Und wir hatten jede Menge Spaß.
„Das Auto gefällt dir, ja?“, will Yuki wissen.
„Ja Elfchen“, sage ich. „Er ist zwar nicht rot, aber er macht Spaß. Und er ist so herrlich unvernünftig.“
Sie lacht.
„Du wirst nie erwachsen“, stellt sie fest.
„Look and see the metal machine …“, kreischt Udo.
Wie Recht der Mann doch hat.
Vernunft ist anders.
Vernünftig werde ich auch heute sein und die Fortsetzung erst morgen präsentieren.