Affentheater

Ein überheblicher Mensch und ein alter Affe begegneten sich im Zoo. Der eine stand vor, der andere hinter dem Gitter. Eine Zeitlang redete keiner der beiden, schließlich ergriff der Mensch das Wort. „Sag Affe“, begann er, „wie lange bist du schon im Zoo?“

„Mein ganzes Leben lang“, erwiderte der Affe wahrheitsgemäß. „Und du?“ Der Mensch wusste darauf keine Antwort und ging seiner Wege. Aber die Bemerkung des Affen ärgerte ihn schon. Also kam er am nächsten Tag wieder und stellte sich vor den Affenkäfig.

„Sag Affe, wärst du nicht lieber in Freiheit, so wie ich? Hier draußen ist es toll!“ „Was ist so toll dort wo du bist“, wollte der Affe nun wissen. „Magst du mir das erklären?“ „Na hier gibt es ganz viele andere Menschen“, sagte der Mensch. „Und wir sind alle Freunde!“

Der Affe schaut nach links und dann nach rechts. Und wirklich sah er viele Menschen, die aber keine Notiz von dem ungleichen Duo nahmen. „Wenn das alles deine Freunde sind“, sagte er, „warum redest du dann mit mir?“

Wieder wusste der Mensch darauf keine Antwort und ließ den Affen einfach stehen. Aber auf dem Weg nach Hause überlegte er sich, wie er den Affen für seine Unverschämtheiten bestrafen könne. Dann kam ihm eine Idee.

Am nächsten Tag ging er wieder in den Zoo und rief nach dem Affen. Der nahm aber keine Notiz von ihm und aß lieber eine Banane. Das passte dem Mensch nicht und er klatschte in die Hände, um die Aufmerksamkeit des Affen zu erhalten. „Mach Kunststücke!“, rief er immer wieder, aber der Affe dachte nicht daran und fragte nur „Warum?“

„Na weil du ein Affe bist und ich ein Mensch!“, sagte der Mensch und lachte. „Also was ist nun?“ Der Affe überlegte kurz und nickte dann. „Ein Kunststück kann ich, das zeige ich dir gern. Er griff nach einem Zweig, den er dem Mensch durch das Gitter des Käfigs reichte.“

„Was soll ich damit?“, fragte der Mensch und griff nach dem Zweig. Aber der Affe lächelte nur und schwieg. Da wurde der Mensch böse und beschimpfte den Affen übelst. „Du dummer Affe!“, rief er, „wie kannst du es wagen mir nicht zu antworten?“

Der Affe streckte die Hand aus. „Gib mir meinen Zweig wieder“, sagte er, „ich muss mich damit am Rücken kratzen.“ Völlig perplex gehorchte der Mensch und reichte dem Affen den Zweig durchs Gitter. Der Affe kratzte sich ausgiebig mit dem Zweig und warf ihn dann achtlos auf den Boden.

Dem Mensch wurde böse. „Willst du mich ärgern, du dummer Affe? Weißt du nicht wer ich bin? Dein Futter wird von meinen Steuern bezahlt!“ „Ich weiß schon wer du bist“, erwiderte der Affe und aß eine weitere Banane. Mehr wollte er dazu nicht sagen, so sehr der Mensch ihn auch drängte.

Wütend ging der nach Hause und fragte sich den ganzen Tag und die Nacht, was der Affe ihm sagen wollte. Er war klug genug um zu verstehen, dass Drohungen und laute Worte bei dem Affen nichts fruchteten. Also kaufte er eine Kiste Bananen und ging wieder in den Zoo.

„Hallo Affe!“, rief er, „ich habe dir etwas mitgebracht! Du bekommst die Bananen wenn du mir sagst, was du gestern gemeint hast. Abgemacht?“ Nun mochte der Affe genau diese Sorte Bananen sehr und stimmte zu. Er wollte die Bananen aber vor seiner Antwort haben. Der Mensch zögerte, gab sie ihm aber letztendlich.

Der Affe schaute auf die Bananen und dann auf den Mensch. Ursprünglich hatte er diesem eine schroffe Antwort geben wollen, aber die Bananen hatten ihn etwas milder gestimmt. „Du hast mich gefragt, ob ich nicht lieber in Freiheit leben würde. Aber was ist Freiheit wirklich?

Ich sitze sicher in diesem Käfig, bekomme immer genug zu essen und habe die Freiheit sogar Menschen dazu zu bringen, dass sie mit mir reden und Kunststücke für mich machen. Wer, so frage ich mich, ist nun von uns beiden wirklich der Affe?“ Dann nahm er seine Bananen und ließ den Menschen stehen.

„Lustiger noch, als sich die Affen im Zoo anzugucken, ist es, die freilaufenden Menschen zu betrachten.“ – Kodo Sawaki

Die Gewalt im Buddhismus

Schon die Überschrift wirkt provokant. Gewalt im Buddhismus, wie soll das gehen? Ist der Buddhismus nicht absolut friedlich und ruft zu Güte und Achtsamkeit auf? Die Antwort liegt auch hier nicht an der Oberfläche sondern ist wie bei vielen Dingen im Detail versteckt.

Um die Frage wirklich zu beantworten muss man sich zwingend auch mit den beiden großen, monotheistischen Religionen beschäftigen, die ihren Herrschaftsanspruch mit dem Glauben an einen „einzig wahren Gott“ begründen. Wobei Herrschaft durchaus wörtlich zu nehmen ist.

Konflikte zwischen Christentum und dem Islam waren also vorprogrammiert. Im Namen ihres Gottes schlagen sich beide Parteien seit vielen Jahren die Köpfe ein. Darauf angesprochen kommen Verfechter beider Lager gern aus der Deckung und zeigen mit dem Finger auf Japan und das alte China. Haben dort Buddhisten nicht auch Menschen umgebracht?

Ja, das haben sie. Auf grausamste Art und Weise. Aber niemals im Namen Buddhas. Es ging stets um politische und wirtschaftliche Interessen. Vielleicht auch um Antipathie. Die verfeindeten Brüder Japan und China haben sich nie wirklich gemocht.

In der Bibel und dem Koran gibt es zahlreiche Stellen, die explizit zur Gewalt aufrufen. Gegen Verbrecher oder Andersgläubige, die Grenzen bleiben fließend. Der Buddhismus dagegen verbreitet keine Gewalt in seinen Schriften. Wenn Buddhisten töten, hat das meist einen weltlichen Hintergrund.

Und schon wird nahezu hämisch der Finger gehoben und auf Birma – Myanmar gezeigt. Die Presse hat mehrfach darüber berichtet. So ist unter anderen auf ZEIT Online ein Artikel mit der reißerischen Überschrift „Der Zorn der Mönche“ erschienen Wer ihn lesen mag klickt HIER.

Nun muss man wissen, dass Myanmar stets eine Sonderstellung in der buddhistischen Welt hatte. Vor Jahrhunderten bildete sich innerhalb der buddhistischen Gemeinde Birmas allmählich eine strikte Hierarchie heraus, die kaum der von Buddha festgelegten Gleichberechtigung aller Mitglieder entsprach.

Es gab dort einen „Wächter der Religion“, was starke Ähnlichkeit mit dem islamischen Glauben hat. Dieser Wächter, der von bis zu zwölf weiteren, älteren Mönchen unterstützt wurde, befand sich in direktem Austausch mit dem König. Aber die Mönche waren mehr, als nur reine Befehlsempfänger. Sie haben auch den König kontrolliert.

Dabei ging es nicht immer um die Einhaltung des Glaubens, die Mönche traten auch als Sittenwächter auf. Vom König wurden sie als Diplomaten eingesetzt, sie kontrollierten Steuerzahlungen und die Einhaltung der Gesetze. Auch das Schulwesen lag in ihrer Hand.

Jeder männliche Einwohner Birmas inklusive des Königs, musste einen Teil seiner Jugend im Kloster verbringen. Dort brachten die Mönche den Kindern Schreiben bei und unterrichteten sie in religiösen Themen. Diese gegenüber anderen Ländern großen Unterschiede hoben die Grenzen zwischen den Menschen auf. Der Bauer wurde zum Teilzeit-Mönch. Ein Effekt, der im Islam noch immer vorherrscht.

Dieser enorme Einfluss der Mönche hat sich nie ganz abgeschwächt. Selbst heute spielen sie noch eine entscheidende Rolle, wenn es um die politische Entwicklung des Landes geht. Die Motive der mordenden Mönche sind eher politisch, vielleicht sogar persönlich-rassistisch. Der Buddhismus wird dabei nur vorgeschoben.

Gleiches gilt für die christlichen Kreuzzüge und späteren Glaubenskriege des Islam. Da spielte die Gier nach Macht keine unwesentliche Rolle. Natürlich ist es nicht entschuldbar, wenn Menschen getötet werden. Aber in dem Artikel wird nicht zwischen Glauben und den (wahren Motiven) Menschen unterschieden.

Der Artikel auf ZEIT Online ist auch lediglich ein Auszug aus einem Buch, das sich viel tiefgehender mit der Problematik beschäftigt hat. Auch mit den vielen Minderheiten des Landes, die stets Probleme miteinander hatten. Wer Fragen zu dem Konflikt hat, wer mehr über die Hintergünde und Motive erfahren möchte, darf sich gern an die Regierung von Myanmar wenden oder vielleicht den Dalai Lama kontaktieren. Zu geistlichen Fragen wird anderswo auch ein Priester befragt.

Wirklich interessant und aufschlussreich ist die Verbreitungsgeschichte der Religionen. Während Christentum und Islam sich auf dem Wege von Kolonisation und Zwangsmissionierung weltweit verbreitet haben, hat der Buddhismus neue Länder meist gewaltlos für sich gewonnen.

Meist deshalb, da Herrscher ihn durchaus „gewaltsam“ durchgesetzt haben. Aber hier ist von einer Doktrin die Rede und nicht von echter Gewalt. Den Buddhismus dann anzunehmen war stets ein freiwilliger Akt. Und kein Mensch hat sich dabei jemals wehgetan.

Nun gibt es die These, dass vom Buddhismus stark geprägte Gesellschaften deutlich weniger zu Gewalt und Kriegen neigen. Als Beispiele werden die Mongolei und Tibet angeführt, die beide vor Annahme des Buddhismus höchst expansive Mächte waren.

Japan bildet, wie so oft, die Ausnahme, was an der besonderen Sicht- und Denkweise der JapanerInnen liegt. Der Buddhismus in Japan ist staatlichen Interessen untergeordnet worden und war nie wirklich prägend für die Gläubigen.

Man hat ihn angenommen und trotzdem den Shintoismus weiter gepflegt. Und wenn die Fürsten Krieg befahlen, hat man sich gegenseitig umgebracht. In nur wenigen Fällen ging es dabei um innerreligiöse Gründe. Auf keinen Fall sind sie mit den verheerenden früheren Religionskriegen des Abendlandes zu vergleichen.

Vergeblich wird man daher nach Quellen suchen, die dem Buddhismus Gewalt attestieren. Vergleicht man seine Geschichte mit den monotheistischen Religionen bis hin zur Neuzeit, wird der Unterschied noch deutlicher. Selbst heute noch wird im Namen des „einen Gottes“ gefochten.

Die Sicht vieler Gläubiger war und ist dabei erschreckend. Allein die Vorstellung, dass ein Gott eines Blutopfers bedarf, um Sünde vergeben zu können, zeugt von einem perversen, in jedem Fall aber infantilen Gottesbild. Buddha hat Tieropfer stets abgelehnt. Für ihn war das reiner Aberglaube.

Es ist daher auch heute kaum vorstellbar, dass Buddhisten mit Feuer und Schwert ihren Glauben verbreiten. Buddha eignet sich dafür einfach nicht. Seine Lehren sind friedlich. DIE Gewalt im Buddhismus gibt es also nicht. Sie geht immer von Menschen aus, die eigene Motive verfolgen. Würden das die Anhänger von Christentum und Islam auch endlich erkennen, die Welt wäre ein friedlicherer Ort.

Ein Hauch von Zen III

Mein Vater hat mich als kleines Mädchen Zen gelehrt. Und natürlich habe ich am Anfang wenig verstanden. Bringt ihr mal einem Wildfang das meditieren bei. „Warum ist das so?“, wollte ich wissen. „Warum soll ich still sitzen und dies oder jenes tun?“

Großmeister Papa hat meist geschmunzelt, wenn ich wieder meine 5 Minuten hatte. Zwar streng was das Training betraf, hat er unglaubliche Geduld bewiesen und mir immer wieder alles ganz genau erklärt. Dabei hat er auch Zitate von Kodo Sawaki benutzt, dem ruppigen, alten Mann des Zen.

Gern hätte ich diesen alten Grantler kennengelernt, aber als ich geboren worden bin, war er schon eine Weile tot. Und vermutlich hätten wir uns herrlich gestritten, oder einfach nur schallend gelacht. Japanischen Humor werden viele nie verstehen.

Bekanntlich habe ich BWL studiert und darin auch meinen Abschluss gemacht. Das war Taktik und hat viel Disziplin erfordert. Aber einen kreativen Freigeist in Tabellen und Zahlen einzuengen, wird oft in einer Katastrophe enden.

Nur mein jahrzehntelanges Training hat mich vor dem Verlust meiner Identität geschützt. Ich kann problemlos zwischen eiskalter Logik und purer Leidenschaft umschalten. Aber wo bleibt da der Hauch von Zen?

Als selbstständige Unternehmensberaterin, Karate Sensei und Testfahrerin für eine Tuning-Firma, bin ich gewohnt die Dinge im Voraus zu planen. So gebe ich oft am Wochenende Firmenseminare, auf die ich aus verständlichen Gründen nicht weiter eingehen will. Allzu private Dinge gehören in keinen Blog.

BWL erfordert Strategien. Und eine Firma zu retten ist oft schwer. Im Karate erstelle ich Pläne für meine Schülerinnen und wie ich ihnen die Kunst vermitteln kann. Nur als Fahrerin folge ich den Plänen anderer und lebe für den Augenblick. Aber was hat das nun mit Zen zu tun?

Menschen suchen nach der Wahrheit und nach ihrem Glück im Augenblick. „Was ist Zen?“, fragen sie, „wie kann ich mit Zen das Glück erreichen?“ Die Gedanken zur Ruhe bringen, ist der erste Schritt. Was interessiert mich jetzt das Mittagessen von übermorgen? „Atme und sitz still!“ Das ist Zen.

Zen bedeutet zu tun, was der Augenblick verlangt, ohne schon an das nächste oder größere Ziel zu denken. Wenn ich fahre, oder unterrichte, ist das Zen für mich. Zen bedeutet, im Augenblick zu leben. Und so ist es gut.

Wer mehr Zen möchte, wird hier fündig:

Ein Hauch von Zen

Ein Hauch von Zen II

Sei du selbst!

Weisheit bezeichnet vorrangig ein tiefgehendes Verständnis von Zusammenhängen in Natur, Leben und Gesellschaft sowie die Fähigkeit, bei Problemen und Herausforderungen die jeweils schlüssigste und sinnvollste Handlungsweise zu identifizieren. (Quelle Wikipedia)

Auf der Suche nach Weisheit leben Menschen als Eremit, oder gehen auf große Pilgerfahrt. Sie fasten vielleicht, oder legen Schweigegelübde ab. Aber macht das alles Sinn? Als kleines Mädchen habe ich viele Fragen gestellt, die meist mein Vater beantwortet hat. „Was ist Zen?“, wollte ich wissen. „Wie lerne ich das? Warum muss ich still sitzen?“

„Magst du lieber nach draußen gehen und laufen?“, hat er mich gefragt. Als ich bejahe, haben wir uns umgezogen und einen Waldlauf gemacht. Danach war es zu spät für die Karate Stunde. Und ich habe eine Lektion gelernt. Am nächsten Tag sind wir nicht gelaufen und haben meditiert und Karate geübt.

Laut meinem Vater soll ich die ausgefallene Stunde um Mitternacht und im Pyjama eigenständig nachgeholt haben. Meine Mutter und er haben mich dann schlafend im Keller-Dojo entdeckt und mich ins Bett gebracht. Damals war ich sechs Jahre alt. Und mein Vater hat eine Lektion gelernt.

Zen-Buddhismus, der japanische Weg, kann nie mit Gewalt vermittelt werden. Zen-Buddhismus zu verstehen, ist eine Lebensaufgabe. Manche scheitern gleich zu Beginn. Bevor jemand Zen studiert, sind Berge einfach Berge und Wasser ist Wasser. Das ist so, daran gibt es nichts zu ändern.

Aber Zen-Schüler sind klug und nach einem ersten Blick in die Wahrheit des Zen sind Berge nicht mehr Berge, und Wasser ist nicht länger Wasser. Plötzlich sind sie durchdrungen von spirituellen Wahrheiten und einem tieferen Sinn. Wird aus einem Schüler ein Meister, der Erleuchtung erreicht, sind Berge wieder Berge, und Wasser ist wieder Wasser. Das ist so, daran gibt es nichts zu ändern.

In vielen Filmen und Darstellungen sieht man scheinbar hochvergeistigte Mönche, die würdevoll durch alte Tempel schreiten. Keine Mine regt sich in ihrem Gesicht, das wie aus Stein gemeißelt wirkt. Und dann taucht der Dalai Lama im Fernsehen auf und räumt lachend mit diesem Unsinn auf.

Zwar ist der Dalai Lama kein Zen-Buddhist, aber er gilt als die Respektperson unter allen Buddhisten. JapanerInnen kennen mehrere Religionen. Japaner vermischen Shintoismus, Buddhismus und christliche Elemente zu einer eigenen Form des Glaubens. Und über allem schwebt augenzwinkernder Humor.

Diesen Humor, habe ich schon als Kind in christlichen Kirchen vermisst. Warum muss ich mich vor einem Gott fürchten? Kein Buddhist fürchtet Buddha. Der hätte über diese Vorstellung schallend gelacht.

Gefragt was es bedeutet Buddha zu sein, hat der japanische Zen-Meister Kodo Sawaki folgendes gesagt. „Buddha zu sein bedeutet ganz du selbst zu sein – hier und jetzt. Ganz in diesem Moment zu sein. Ganz eins zu sein mit dem, was du tust. An diesem Ort ganz eins zu sein mit allen Aspekten deines täglichen Lebens.“

Den meisten Menschen wird das nie gelingen. Eingespannt, in den unerträglichen Lärm der Zivilisation, vergeuden sie ihr wahres Potenzial. Vielleicht streben sie nach Macht, Reichtum und Besitz. Vielleicht danach, wie ihre Idole zu sein. Aber Idole fallen oft vom Sockel, auf den Menschen sie gestellt haben. „Ich will besser sein!“, sagt der Herausforderer zum Weltmeister. Aber der Gegner ist immer das eigene Ich. Das gilt es zu überwinden.

„Ich will wie du sein!“, habe ich als Mädchen zu meinem Vater gesagt und tapfer Karate geübt. Sein Lächeln habe ich damals nicht verstanden und auch seine Worte gaben mir Rätsel auf. „Warum willst du wie ich sein, wenn du du selbst sein kannst“, hat er gesagt.

Abenteuer Japan – Teil 3: Der große Buddha

Religion, Zen-Buddhismus, hat meinen Lebensweg mit geprägt. Aber im Gegensatz zu den sanften Buddhisten, bin ich mehr die militante Verfechterin. Gut, das ist allein meine Sache und mindert nicht meine Gläubigkeit. Nur wird mich niemand schlagen, so lange ich mich wehren kann.

Schon seit ich ein Kind bin stehe ich für andere auf und habe sie tapfer verteidigt. Ganz in der Tradition der Samurai, die ebenfalls Schwächere schützten. Diese martialischen Krieger sind sehr oft auch Dichter, Künstler gewesen. Mit Worten, Gemälden, Kalligrafie.

Wir sind noch immer in Kamakura. Ganze 65 Tempel und 19 Schreine kann der Gläubige dort besuchen. Etwas viel für uns. Die Hauptattraktion in Kamakura ist der Daibutsu, eine riesige bronzene Buddhastatue. Sie steht in Hase, im Westen der Stadt, auf dem Gelände des Tempels Kotoku-in.

Die aus Bronzeplatten zusammengesetzte Statue ist 11,40 Meter hoch und wiegt 850 Tonnen. Also ein wirklich schwerer Mann. Elfchen ist auch beim Glauben auf meiner Linie. Buddhistin mit durchaus kämpferischen Flair. Aber um Yuki böse zu machen bedarf es mehr. Bei mir reicht schon ein Funke und mein Pulver explodiert.

Aber Zen-Buddhismus, Karate und eiserene Disziplin, haben diese möglichen Explosionen in gezielte Bahnen gelenkt. Vom Wildfang meiner frühen Jugend bin ich in diesen Tagen weit entfernt.

Wir fahren zum Tokei-ji-Tempel, der vor allem sehenswert wegen seiner großartigen Gartenanlagen ist. Dort blüht es fast immer. Natur, wie sie der Japaner mag. Die Menschen denen wir begegnen sind meist Frauen. Einige wirken bedrückt, die meisten sind sehr still.

Tokei-ji ist 1285 als Nonnenkloster gegründet worden und war stets ein Zufluchtsort für Frauen. Wer sich drei Jahre lang als Nonne im Tempel aufhielt, galt als rechtmäßig geschieden. Tempel, Kirchen sind für mich Orte der Besinnung. Dort finde ich mich selbst. Und jene Ruhe, die der Alltag nicht immer bieten kann.

Wir fahren dann doch in Richtung Daibutsu. Unser Ziel ist Kannon, die wohl berühmteste buddhistische Gottheit. Bewusst sage ich Gottheit. Kannons Geschlecht – eigentlich heißt sie Avalokiteshvara – ist nicht eindeutig geklärt. Ich zumindest sehe eine Frau in ihr. Das Sinnbild, der „Großen Mutter.“

Kannons 11 Gesichter ermöglichen es der Göttin, in alle Richtungen zu schauen und jeden wahrzunehmen, der ihrer Hilfe bedarf. Angeblich stammt die Statue aus dem 9. Jahrhundert und gehört mit mehr als 9 Metern Höhe, zu den größten Holzstatuen Japans. Ich schließe die Augen und fühle die Verbundenheit mit ihr.

„Vielleicht sollten wir Nonnen werden“, denke ich laut nach. „Und wer kocht dir dann dein Essen?“, kontert Yuki frech. „Ohne mich verhungerst du doch.“ Der große Buddha scheint bei diesem Satz zu lächeln. Ist ja mal wieder typisch Mann! Aber es sei ihm verziehen. Und Elfchen weiß, dass ich besser (vor Wut) kochen kann.

Teil 4 Der Reise bringt uns zurück nach Iga. Großvater Satoshi bittet zum Tee.

Ein Hauch von Zen II

Vor einigen Monaten hatte ich das Gedicht des Zen-Meisters Wumen Huikai (japanisch Mumon Ekai) auf meinem Blog gebracht. Wer es nachlesen mag darf gern HIER klicken. Mumons Kernaussage, den eigenen Geist zu befreien und so die Selbstzweifel abzulegen, sie gilt auch heute noch. Aber es sind nicht nur Selbstzweifel, die uns quälen. Der Mensch der Neuzeit hat so viel verlernt.

„Folge nicht den Ideen anderer, sondern lerne auf deine innere Stimme zu hören. Dein Körper und Geist werden klarer, und du wirst die Einheit aller Dinge realisieren“, hat Dogen Zenji, ein Lehrer des japanischen Zen-Buddhismus, einst geschrieben. Und genau das können viele Menschen nicht.

„Reizüberflutet“, sei der heutige Mensch, hat mein Vater mir gesagt. Internet, Handy und TV, trügen alle ihr Teil dazu bei. Der Mensch verliere den Blick für das Wesentliche und sei nur noch ein gelenktes Medienprodukt. Diese Worte hingen mir seit einer Weile nach. Doch erst heute brechen sie mit Macht aus mir heraus.

Selbst ich bin nicht frei von äußeren Reizen, selbst ich bin im Internet unterwegs. Aber werde ich davon auch manipuliert? Seit ich klar denken kann, habe ich immer einen eigenen Willen gehabt. Und der stand oft im Gegensatz zu den Wünschen meiner Eltern. Egal ob im Kindergarten, oder später in der Schule, ich bin einen eigenen Weg gegangen.

Im Gegensatz zu den oft vergeistigten und etwas weltfremden Zen-Meistern vergangener Tage, habe ich aber nie den Blick für die Realität verloren. Auch, wenn ich nicht unbedingt die ausgefahrenen Wege der Masse gehe, so behalte ich sie stets im Blick. Es liegt mir nicht im Stillen zu meditieren, mein Geist kann sich auch beim Aikido entspannen.

Mein Handeln kommt allein aus mir. Beeinflussen lasse ich mich nur bedingt. Aber ich bleibe offen für neue Ideen und nehme auch Anregungen gern auf. Scheinbar spontan, aber immer gut durchdacht. Die Wiederaufnahme des Studiums gehörte ebenso dazu, wie nun mein Schritt in die Selbstständigkeit. Und ist ein Doktortitel in BWL nicht auch eine Form der Meisterschaft?

Meine innere Stimme ist immer da. Manchmal flüstert sie nur, an anderen Tagen schreit sie mich an. Für viele Menschen ist es vermutlich schwer geworden ihre Stimme zwischen all dem Lärm, all den bunten Reizen noch zu hören. Sie verwechseln dann den Nachrichtensprecher mit dem eigenen Bauchgefühl. Und selbst Eltern und Freunde, haben nicht immer recht.

Ich wage zu bezweifeln, dass ich die Eineit aller Dinge schon völlig realisiert habe. Aber ich sage ganz selbstbewusst, dass ich die Dinge anders sehe. Klarer auf jeden Fall. Und das selbst mit Rennlizenz und Internet.

Ein Hauch von Zen

春有百花秋有月

夏有涼風冬有雪

若無閑事挂心頭

更是人間好時節

The spring flowers, the autumn moon;

Summer breezes, winter snow.

If useless things do not clutter your mind,

You have the best days of your life.

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Über dieses Gedicht ist bereits viel gesagt und diskutiert worden. Ich werde das nicht. Es steht für sich und es ist gut. Jeder Versuch einer Interpretation wird scheitern. Die Ausnahme wäre ein Zen-Meister. Und von einem solchen stammt es. Nämlich von dem Zen-Meister Wumen Huikai, in Japan besser bekannt als Mumon Ekai. Auch kurz Mumon genannt. Mumon verfasste es in dem Werk „The Gateless Gate.“ Einzig über die englische Übersetzung kann man diskutieren.Sie stammt nicht von mir, klingt aber besser als die deutsche Version.

時節 lese ich als Jahreszeit.

Ich möchte diese Zeilen all jenen Menschen ans Herz legen, die von Selbstzweifeln geplagt sind. „Useless things / Nutzlose Dinge“ steht für alles, auch Personen. Befreit euren Geist und habt die besten Tage, die beste (Jahres)Zeit eures Lebens.