Das Kabinett der Eitelkeiten

Diesen und alle meine politischen Beiträge schreibe ich unter der für die meisten Menschen geltenden Prämisse, dass wir in einer Demokratie leben, die von freien Wahlen getragen wird. 

Während sich in Österreich eine neue liberal-konservative Regierung bildet, die das Land aus Jahren politischer Agonie befreit, wird in Deutschland ein neues Spiel gespielt. „Wir wählen uns eine neue Regierung“ soll es heißen und hat das Potenzial zur „Number One.“

Schon sehe ich Unverständnis in den Augen meiner LeserInnen. Ist die Japanerin nun völlig irre? Zum besseren Verständnis bitte ich den Blick auf FDP-Chef Lindner zu richten, der nach Aussagen seiner VerhandlungspartnerInnen, die Koalitionsgespräche platzen ließ. Kurze Pause, harter Schnitt. Hat er das wirklich?

Schaut man sich an, wer wochenlang die Sondierungen und Verhandlungen führte, so wird schnell klar, dass es niemals einen Konsens geben konnte. Zu unterschiedlich sind die Positionen der Parteien. Was wir in den letzten Wochen erlebt haben war eine Show, die einmal mehr der Steuerzahler finanzierte.

Diese Kolation war nie geplant. Nur einige Grünen haben das noch immer nicht kapiert. FDP und Grüne standen mit dem Rücken zur Wand. Beide hatten ihren WählerInnen Dinge versprochen, die sie einhalten mussten. Zumindest als Kompromiss.

Aber während sich die grüne Doppelspitze der Kanzlerin in einer Weise andiente, die einfach nur erbärmlich ist, immerhin ging es um Ministerposten und fette Diäten, blieb Lindner auf Distanz.

Sein Plan war stets, die FDP wieder in den Bundestag zu führen und dort in vier Jahren Oppostion Akzente zu setzen. Den Plan hat ihm die SPD vergeigt. Nein, nicht die gesamte SPD, es war deren beleidigter Chef, Martin Schulz.

Munition gegen eine neu aufgelegte GroKo zu finden wäre nicht sonderlich schwer. Problematischer dagegen ist die AfD, deren Positionen auch Lindner immer mehr vertritt. Ich habe schon vor Wochen angedeutet, dass man sowohl Frau Petry, die AfD und die FDP im Auge behalten soll. Auch in Österreich musste sich die FPÖ schon neu erfinden.

Natürlich geifern nun CDU/CSU und Grüne im Chor und schieben die alleinige Schuld des Scheiterns auf Lindner. Die Wahrheit sieht ganz anders aus. Natürlich hat Lindner taktiert, aber Merkel und die Grünen auch. Und die haben sich klar verzockt. Die „fast erreichte Einigkeit“ ist vorgeschoben.

Man könnte das Theater, das eigentlich eine Schmierenkomödie ist, auch mit anderen Augen sehen. Nämlich so, dass wir eine geplante Aktion erleben durften, an der (fast) alle Parteien beteiligt sind. Ich erkläre später noch warum.

Prompt kommen aus der Wirtschaft deutliche Signale, die natürlich von Enttäuschung sprechen. An dieser Stelle müssten Interessierte hellhörig werden, hat sich doch die wahre Macht im Staat zu Wort gemeldet.

Wem nutzt nun der Abbruch der Gespräche, wie kann es weitergehen? Christoph Seils, Ressortleiter „Berliner Republik“ beim CICERO, sieht die Autorität der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden so nachhaltig beschädigt, dass ihre Tage an der Macht gezählt sein dürften. Das letzte Aufgebot des bestehenden etablierten Parteiensystems habe kapituliert.

Ich bin da skeptischer und warne davor Frau Merkel zu unterschätzen. Zwar hat sie nach dem Wahldebakel nun eine zweite Niederlage erlitten, aber auch ein Boxkampf geht über mehrere Runden und noch ist die Frau nicht besiegt. Ich warne ebenfalls davor, nur das Offensichtliche zu sehen. Es gibt keine Zufälle in der Politik.

Merkels Plan ist insofern aufgegangen, dass sie eine Rot-Rot-Grüne Mehrheit verhindert hat. Dafür hat sie die AfD benutzt, die bei der Wahl zu viele Stimmen bekam. Merkel wollte mit starken Grünen regieren und die wollten das auch.

Deren Linke und Altkommunisten hätte Merkel bei einer Regierungsbeteiligung ebenfalls noch links überholt und die Partei so zur Bedeutungslosigkeit degradiert, um sich in einigen Jahren, als große Retterin zu präsentieren. Bis dahin, so die Hoffnung könnte sich die AfD entweder selbst aufgerieben haben oder ist einen Schmusekurs mit konservativen Kräften in der CDU gefahren. Das Ergebnis ist vermutlich jedem klar.

Amüsiert habe ich den Auftritt der LINKEN-Chefin verfolgt, die sich „auf alle Eventualitäten“ vorbereitet. Träumt die Frau von Rot-Rot-Gelb-Grün? Ließe Lindner sich darauf ein, wäre das sein politisches Ende. Und in Deutschland blieben weiter Grenzen offen.

Nicht nur die Presse, auch das Grundgesetz sieht nun den Bundespräsidenten in der Pflicht. Aber der kommt bekanntlich aus der SPD und hat sich bisher wenig mit Ruhm bekleckert. Allerdings könnte vermutlich er, natürlich inoffiziell, die SPD erneut in die GroKo bringen. Bei einem Rücktritt von Frau Merkel?

Ideal wäre anders, aber Merkel immerhin weg. Und damit hätte man ein Ziel erreicht, das die SPD insgeheim verfolgt und Millionen von BundesbürgerInnen würden jubeln. Als Nachfolgerin wäre eine Kanzlerin von der Leyen keine gute Alternative. Oder käme dann Jens Spahn?

„Kriegen Steinmeier und Merkel die SPD noch rum?“, schreibt BILD und präsentiert sich einmal mehr als Meinungsmacher. Ich warte schon eine Weile auf den Moment, wenn dort Merkels Rücktritt gefordert wird. Dann ist „Mutti“ weg.

Steinmeiers Auftritt wirkte wenig souverän. Er war offensichtlich der einzige Nichteingeweihte dieses Spiels, in dem man nun offenbar auf Neuwahlen setzt. Aber die für seine Verhältnisse deutlichen Worte an die Adresse der SPD, sollten dort die Alarmglocken schrillen lassen.

Natürlich hat er keine Namen genannt. Aber jeder politisch Interessierte konnte klar erkennen, wen er in die Pflicht genommen hat. Aber kommen wir zurück zur „Aktion Jamaika.“ Nicht Merkel, die AfD soll nun wieder weg. Mit Neuwahlen hofft man in Berlin, dass die bösen Geister ausgetrieben werden und man zur Tages- oder besser Merkelordnung übergehen kann.

Unabhängig davon, dass eine abgewählte Regierung, die nur noch geschäftsführend ihr Amt bekleidet, nicht einfach Neuwahlen ausrufen kann, um dann vielleicht ein besseres Ergebnis zu erzielen, sehe ich in Neuwahlen ein Risiko für die SPD. Viele WählerInnen werden sich enttäuscht von „ihren Sozis“ abwenden und andere Parteien hofieren. Salopp gesagt redet Schulz sich zur Zeit um Kopf und Kragen. Ob er das nächste Bauernopfer wird? Von Schulz zu Scholz ist nur ein kleiner Schritt.

Aber auch die anderen Parteien könnten verlieren. Möglicherweise werden noch mehr CDU-WählerInnen ihre Stimme der AfD geben, um wirklich einen Wechsel zu realisieren. Tritt Merkel erneut an und verliert sie dann wieder, wird sie in die Rente geschickt.

Der FDP-Vize Kubicki hat in seiner Rede auch der SPD den Ball zugespielt, die ihn aber noch nicht fangen will. Stattdessen feiert Schulz seine SPD-MinisterInnen, die geschäftsführend auf ihren Posten sitzen. Wie widersinnig das ist, kann er offenbar nicht erkennen. Vielleicht wird der Bundespräsident ihn mahnend erinnern.

Die SPD gestaltet zur Zeit noch mit an deutscher Politik, will diese Möglichkeit aber aus den Händen geben, um schmollend in der Ecke sitzend, „der CDU in die Fresse zu hauen.“ Die WählerInnen werden sie dafür bestrafen, da bin ich mir sehr sicher.

Gestärkt werden könnten allerdings die Grünen, deren Auftritt etwas theatralisches hat. Der (fast) Staatsman Özdemir und seine Mitstreiterin Göring-Eckardt, haben „alles richtig gemacht“. Ich sehe das völlig anders. Leider ist die grüne Klientel so weit von der Realität entfernt, wie der Mond von der Erde. Ich muss mich fast schämen wenn ich heute sage „Ich habe früher die Grünen gewählt.“

Kommen Neuwahlen und Merkels Plan scheitert, gewinnt die AfD weitere Prozente, rückt sie plötzlich in den Fokus der Begehrlichkeiten. Und zur Regierung(sbeteiligung) will man dort bekanntlich hin. Wenn auch erst in vier Jahren.

Ob man in Teilen der CDU schon darüber nachgedacht hat, der AfD die Duldung einer Minderheitsregierung anzutragen, ist die spannende Frage dieser Zeit. Ich könnte darauf wetten, wir werden es aber nie erfahren.

Merkel könnte auf diese Weise auch diese Partei zersetzen, die dann halb in der Regierung wäre. In Kombination mit der FDP versteht sich. Diese Konstellation brächte hitzige Debatten ins deutsche Parlament, aber ein vorläufiges Ende von Merkels Allmachtpolitik.

Vermutlich sind meine Zeilen bereits überholt, wenn ich auf „Enter“ drücke. Aber ich musste diese Gedanken noch mit euch teilen, bevor es nächste Woche ins heimische Japan geht. Im Gegensatz zu früheren Jahren, werde ich auch aus Fukuoka bloggen. Wie oft wird man noch sehen.

15 Kommentare zu “Das Kabinett der Eitelkeiten

  1. Geehrte Mayumi, noch ist nix überholt, aber Einiges stellt sich jetzt anders da, als ich selber noch letzte Woche vermutet habe. Ein langes Interview mit einem hohen SPD Funktionär hat sich so schnell überlebt, dass wir nun noch einmal von vorne anfangen wollen. Darin werden auch alle Absichten der SPD dargelegt und ihr Part in der ganzen Regierungsarie seit dem Wahltag. Bis dahin werden wir wahrscheinlich mindestene einmal am Tag von Neuigkeiten heimgesucht, was uns dennoch nicht beunruhigen sollte 😉 Ich wünsche euch eine gute Reise und liebe Grüße ins Elfenheim!

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  2. Es ist schon recht eigenartig, was in Deutschland politisch so abgeht. Wochenlange ‚Verhandlungen‘ für nichts und wieder nichts. War das denn nicht absehbar, in der derzeitigen politischen Lage, die auf rechts gedreht ist? Das muss man Mutter Merkel anlasten, die anscheinend über keine Führungskompetenzen verfügt und ‚laisser faire‘ zum Prinzip erhoben hat. Wie lange noch? Allerdings frage ich mich schon, wer da nachkommen soll …

    Deutschland erlebt durch die AfD eine höchst notwendige politische Evolution, die wir hier in Österreich vor ca. 15 – 20 Jahren durchgemacht haben. Die Rüpelhaftigkeit der derzeitigen AfD wird weichen, denn so ist kein Staat zu machen. Das musste auch Strache erfahren, wobei, er kann es manchmal halt immer noch nicht lassen.

    60% der Österreicher haben rechts gewählt. Hier muss man ausdrücklich den Altgrünen ‚danken‘, die glattweg mit unter 4% der Stimmen hochkantig – zu meiner und zu vielen Freude – aus dem Parlament geflogen sind. Ich hoffe, sie erfangen sich wieder und rücken mit ihrem Programm mehr in die bürgerliche Mitte.

    Wer dauernd auch nur bei geringsten Anlässen mit der Nazikeule schwingt relativiert die Gräueltaten des NS-Regimes und beleidigt mMn die Opfer. So kann man auch einem politischen Gegner zum Erfolg verhelfen.

    Die alten Methoden der Linksgrünen wirken nicht mehr. Und es fällt ihnen derzeit auch nichts ein. Eine Nachdenkpause kann helfen.

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    • Die Leitmedien in Deutschland geifern und spucken, wie man es selten erlebt hat. Erst wollten sie Jamaika herbei schreiben, nun gibt man Lindner die alleinige Schuld am Scheitern. Was totaler Unsinn ist. Die Grünen haben es verbockt.

      Konservative JournalistInnen sprechen nun schon vom Ende des Merkelschen Bonapartismus, was mich schmunzeln ließ.

      Die Altparteien in Deutschland sind erstarrt. Sie wollen nichts mehr, außer zu regieren. War das nicht auch in Österreich so? Eure ÖVP und SPÖ haben doch jahrzehntelang miteinander koaliert. Das Ergebnis kennst du.

      Strache und Hofer sind mir natürlich ein Begriff, ich habe meinen Blick immer über die Alpen gerichtet. Der AfD fehlen solche Leute, mit tumpen Parolen kann man keinen Staat gewinnen. Daher ist meine Vermutung, dass nun die FDP diese Rolle übernehmen soll.

      Ein Wort zu euren Grünen. Die Anzahl ihrer WählerInnen hat sich nicht verändert. Addiere einfach ihr Ergebnis mit dem der „Liste Pilz.“ Auf diese Art Abspaltung warte ich in Deutschland noch.

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  3. Da derzeit das Herz in Deutschland rechts schlägt wird Lindner mit seiner Entscheidung – obwohl dafür geprügelt – gestärkt hervorgehen. Umfragen zeigen dies ja schon.

    ÖVP und SPÖ haben sich zuletzt nicht mehr mal das Schwarze unter den Nägel gegönnt, und das Kurz und Kern nicht miteinander können ist selbst Blinden offensichtlich. Mal schauen was die Gespräche zwischen ÖVP und FPÖ liefern. Im Vergleich zu Deutschland sehe ich deutlich mehr Überschneidungen und Fortschritte, aber nona, in Österreich wird ja nicht mit den Altgrünen – mangels Anwesenheit – verhandelt 😆

    Die AfD wird derzeit massiv ausgegrenzt, dass war früher bei der FPÖ auch so. Jetzt kommt aber sogar Steinmeier als BP (der eigentlich neutral sein sollte, aber wohl noch zu sehr SPD-ler ist) drauf, dass er mit der AfD wie den Linken reden sollte. Da sind wir tatsächlich schon weiter.

    Pilz hat es tunlichst vermieden, im Wahlkampf linke Parolen zu verbreiten. Er hat – anders als seine Parteikollegen – andere Vorstellungen bei der Einwanderung und brachte sogar das böse Wort ‚Linkspopulismus‘ auf – das war dann doch zuviel für die Altgrünen, die ihn dann quasi rausgeworfen haben. Auch mit der Liste Pilz hätten die Altgrünen ca. 1/3 der Stimmen verloren, wobei Pilz – so habe ich ihn im Wahlkampf erlebt – sich eher als Kontrollator der Regierung dargestellt hat. Darum war er auch für mich wählbar, wenn auch nur an 2. Stelle 😀

    Aber die Sexismusdebatte hat auch ihn erreicht, sodass er sich mal vorläufig aus dem Spiel der Politik herausgenommen hat. Übrigens: Dieses Geschenk kam von den Altgrünen. Rache ist eben ein Gericht, dass am besten kalt serviert wird.

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    • Deutschlands Herz schlägt zur Zeit liberal-konservativ. Das haben die linksgrünen Medien und PolitikerInnen ebenfalls erkannt. Daher geifern und spucken sie so laute Töne. Leider können sie das, die Mehrheit deutscher JournalistInnen, ca. 75 Prozent, ist dem linksgrünen Lager zuzurechnen.

      Problematisch ist aber für diese eigentliche, nennen wir sie bürgerliche Mehrheit, dass man die nicht einfach so regieren lassen kann. Persönliche Animositäten spielen dabei ebenso eine Rolle, wie die Rangelei um Pfründe. Also wird die AfD noch eine Weile der Buhmann sein. Vielleicht wird sie von der Union aufgesogen oder von der FDP entsorgt.

      Im Endeffekt bekommt das Kind sowieso nur immer einen neuen Namen. Die wirkliche Macht wird von der Wirtschaft ausgeübt.

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  4. Grüß Gott aus Österreich! 🙂 Die entstehende Regierung in Türkis-Blau nennst du liberal-konservativ? Meinst du mit liberal die Kurzpartei? Dann stimmt es. Die FPÖ ist es bestimmt nicht, trotz der Namensähnlichkeit mit der FDP. Die Freiheitlichen sind ziemlich weit rechts. Und hin und wieder auch populistisch. Mal sehen, wie die FDP demnächst einzuschätzen ist… 3:-)

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