Nachdem ich in den letzten Tagen viel über Mann gelästert habe und lesbische Beziehungen in Schutz nahm, möchte ich heute die andere Seite der Medaille zeigen.
Es ist das klassische Szenario: Zwei Menschen stehen sich gegenüber, die einmal tiefe Liebe verbunden hat. Geblieben sind davon Vorwürfe und ständiger Streit. Ich habe solche Szenen schon mehrfach bei Freunden erlebt. Frau reagiert sehr oft mit dem typischen Satz „Du liebst mich nicht.“ Ja, auch wir Lesben sind davon nicht befreit. Trennungen bei Lesben laufen sogar noch emotionaler ab, als bei hetero Paaren. Frau wird dann gern richtig laut. Und im Fall, dass sich gleich zwei dieser Furien gegenüber stehen, geht man besser in Deckung.
Als die Krise ausbrach war ich als Vermittlerin unterwegs und versuchte die Beziehung eines Paares zu retten. Zumindest die Beiden davon abzuhalten, weiter aufeinander loszugehen. Viel gefehlt hat da nicht. Nach 12 gemeinsamen Jahren ist ihre Partnerschaft fast an Dauerarbeitslosigkeit und dumpfem Alltag gescheitert. Die Frauen, die ich Beate und Barbara nennen will, haben sich schon auf dem Gymnasium kennen und lieben gelernt. Bea und Babs waren das Traumpaar der Szene! Monogam, intelligent, superhübsch, spontan, erfrischend anders und neuen Dingen aufgeschlossen, manövrierten sie locker durch die turbulenten Gewässer eines Informatik Studiums.
Finanziell abgesichert von vermögenden und ihre Partnerschaft unterstützenden Eltern, stand ihnen eine strahlende Zukunft bevor. Dumm nur, dass Bea einen Job in Berlin bekam und Babs in Stuttgart bleiben musste. Sie lösten es auf ihre Weise und ließen ein Vermögen bei der Bundesbahn. Liebe kennt ja keine Grenzen, aber manchmal bleibt sie eben buchstäblich auf der Strecke. Bea und Babs setzten sich auch darüber hinweg. Und nach nur einem Jahr war Bea wieder zurück. Beide Frauen gehören zu einer Sorte Mensch, die ihr Herz, ihre Emotionen auf der Zunge tragen. Mann würde das vielleicht schnippisch nennen, ich fand die Art immer erheiternd. Mit den Mädels konnte ich so richtig schön zicken. Leider machten sie irgendwann auch voreinander nicht halt.
Das weltweite Thema Arbeitslosigkeit stand vor mehr als einem Jahr vor ihrer Tür. Bea wurde entlassen, die Firma ging in die Insolvenz. Kein Problem denkt sich nun vielleicht der Leser, Informatiker/innen bekommen doch überall einen Job. Leider Fehlanzeige. Und ein Umzug kam nicht mehr in Frage. Bea und Babs hatten sich ihren Traum erfüllt und ein Eigenheim gekauft. Hoch verschuldet wollten sie auch Kinder haben. Bis dann die Bombe platzte und mit ihr ein Traum. Ich weiß nicht mehr, wie viele Bewerbungen Bea geschrieben hat. Aber es waren bestimmt Dutzende. Irgendwie schien keine Firma genau ihre Kenntnisse zu brauchen. Die Agentur für Arbeit war keine große Hilfe. Ganz im Gegenteil sperrten sie Bea sogar das Geld, als diese sich weigerte einen schlechter bezahlten Alternativjob anzunehmen. Ich schreibe an dieser Stelle nicht, was Bea dem Sachbearbeiter an harten Worten an den Kopf warf.
Babs sprang ein und machte ab sofort Überstunden. Das Geld floss wieder, aber Bea saß allein zu Hause. Innerhalb weniger Monate verwandelte sie sich von der gestylten IT-Lady zur Vollzeit-Putze und Gourmet-Köchin. Und sie machte das gut! Das Haus blinkte und blitzte, die Dinnerpartys der Beiden sind legendär. Den ersten Streit gab es, als Babs mit Kollegen zu einem Kongress fuhr und sich fast zwei Tage nicht meldete. Rasend vor Eifersucht und Liebeskummer rief Bea mich damals an. Die Fassade der braven Hausfrau war zerbrochen. Vor mir stand eine seelisch gebrochene Frau, die seit Monaten schon Antidepressiva nahm. Niemand, nicht einmal Babs hatte davon gewusst. Die konnte sich nicht melden, da sie in einer wichtigen Klausurtagung war, bei der es um die Existenz der Firma ging. Ich habe Bea damals mit großer Mühe beruhigt. Leider hielt das nur so lange, bie Babs wieder zu Hause war. Danach flogen die Fetzen und böse Worte. Wieder musste ich schlichten und Babs verbrachte das Wochenende auf unserer Couch.
Die Beiden versöhnten sich einige Tage später wieder und Bea ging in Therapie. Nur half die nicht sehr viel. Sie küssten und sie schlugen sich. So mussten wir in der Folgezeit unsere Freundinnen erleben. Der Eklat ließ nicht lange auf sich warten. Eine verzweifelte Bea rief uns an und wir sausten sofort los. Das Haus lag buchstäblich in Trümmern, zumindest das Mobiliar. Babs saß mit blutender Nase in der Küche und Bea sah nicht viel besser aus. Yuki war schokiert, sie kann mit Gewalt nicht umgehen. „Sie liebt mich nicht mehr!“, schluchzte Bea. „Die Zicke hat doch ein Rad ab“, fauchte Babs zurück. „Sie ist einfach auf mich los, als vorhin nach Hause kam.“ „Frag sie doch mal wo sie war“, heulte Bea. „Sie war bei einer anderen Frau!“ „Wir hatten ein Geschäftsessen, das hatte ich dir schon gestern gesagt! Du bist doch nicht mehr normal!“ Nur mit Mühe konnte wir an diesem Abend eine weitere Eskalation verhindern.
Um es kurz zu machen: Das Geschäftsessen war so harmlos, wie Babs treu war. Aber Bea glaubte das einfach nicht. Sie hatte schon seit Tagen ihre Medikamente nicht mehr genommen und sich einer Depression ergeben, die bedenkliche Züge angenommen hatte. Bea ist noch immer im Krankenhaus und Babs besucht sie jeden Tag. Den Abend damals habe ich mit dem nicht sonderlich freundlichen Hinweis gerettet, beiden Freundinnen die hübschen Hintern zu verhauen. Nein, ich schlage keine Schwester / Frau, aber ich muss sehr überzeugend gewesen sein! Partei haben weder Yuki noch ich ergriffen. Nur unser Sofa war dann wieder Bett für Babs. „Du liebst mich nicht!“ Bea hat diesen Satz nie wieder zu ihrer Frau gesagt. Ganz im Gegenteil gehen die Beiden heute wieder so liebevoll miteinander um, wie ich sie vor 3 Jahren kennenlernte. Und über Kinder reden sie auch.
Ich hoffe dass ihre Liebe hält. Sonst müsste ich zum Thema „Wenn Frauen hassen“ bloggen. Das möchte ich aber nicht.
Manche Teile dieser Beziehung kommen mir vertraut vor, andere wiederum sind mir fremd; diese extreme Leidenschaft zum Beispiel. Vielleicht dort ein wenig weniger davon, und hier ein wenig mehr, um die Harmonie im Gleichgewicht zu halten?
LikeLike
Was ich hier zeige ist ein Extrembeispiel. Ich denke auch ausgelöst durch Beas Zustand. Im Normalfall verlaufen Beziehungen zwischen Frauen sehr harmonisch, manchmal wirklich symbiotisch. Wobei die Beiden schon ziemliche Gewitterhexen sein können 😉
LikeLike
Sehr cooler Eintrag. Auch nicht anders als bei Heteros 😉
LikeLike
Wie schon geschrieben ist das ein Extrembeispiel. Eine kleine Gruppe Lesben – du erinnerst dich an die Unterschiede? – hat ein recht ausgeprägtes Rollenverständnis mit gängigen Eifersuchtszenen. Wobei Frauen natürlich emotionaler sind und reagieren, als Mann. Auch das solltest du kennen *lacht* Die Mehrheit lesbischer Beziehungen verläuft ruhig, harmonisch, unaufgeregt. Für Außenstehende Heteros vielleicht sogar langweilig.
LikeLike
Ich denke, das gibt sich nicht. Am Ende wollen doch alle das Gleiche. Einen Partner, der sie versteht und nimmt wie sie/er ist. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Alltag ist langweilig aber auch stabil.
LikeLike
Wow, das sind ja Berichte!
Schwierig sich da nicht auf eine Seite zu stellen, das hast du super gelöst.
Ich kann mit solch emotionsgeladenen Situationen nur schwer umgehen, und könnte auch keinen Mediator in anderen Beziehungen darstellen.
Ich wünsche den beiden Mädels alles Gute für ihre Zukunft 🙂
Nicht gefallen hat mir: Vollzeit-Putze…gggggggg
LikeLike
Ich bin zwar manchmal (scheinbar!) eine Furie, aber in Wirklichkeit kann ich mit so ziemlich jeder Situation relativ cool umgehen. Ich habe die Beiden wirklich ziemlich angschnautzt 😀 Aber das brauchten die in dem Moment, mit guten Worten war nichts mehr zu machen. Ob das mit denen wieder wird werde ich dann sehen.
Was haste gegen „Putze“ *lacht sich weg* Das Wort fiel mir beim Schreiben so ein und zack .. da war es.
LikeLike
Das Wort empfinde ich abwertend, aber das ist mein Problem nicht deines gggggg.
Furie 🙂 sehr sympathisch!
LikeLike
Ich schreibe diesen Blog in eimem wörtlich eher schnoddrigen Stil. Die Vollzeit-Putze sollte den Kontrast zur IT-Lady verdeutlichen. Vom Rock in den Kittel.
Du willst mich nie in Rage sehen 😀
LikeLike
Nö will ich nicht 🙂
Ich will niemanden in Rage sehen!
LikeLike